John Peters Humphrey (1905 – 1995) Kanada

28. Juli 2008 | Von | Kategorie: Biographien

von Rainer Huhle 

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John Peters Humphrey (1905 – 1995)

Der kanadische Jurist John Peters Humphrey war, nach einigen Jahren der Anwaltstätigkeit, seit 1936 ein angesehener Rechtsprofessor an der McGill Universität in Montreal. Zweisprachig wie so viele Kanadier, studierte er u.a. in Paris und kam während des Krieges in Kontakt mit der Résistance. Einer seiner Freunde aus dem französischen Widerstand, Henri Laugier, wurde 1946 stellvertretender UNO-Generalsekretär und berief ihn zum Leiter der neu gegründeten Menschenrechtsabteilung (Division of Human Rights) beim Generalsekretariat, aus der später das heutige Hochkommissariat für Menschenrechte hervorging. Humphrey hielt trotz vieler Enttäuschungen über die Halbherzigkeit der UNO beim Menschenrechtsschutz zwei Jahrzehnte auf diesem Posten aus. 1966, im Jahr der Verabschiedung der beiden großen Menschenrechtspakte, verließ er die UNO und kehrte an die McGill University zurück.

Als Direktor der Menschenrechtsabteilung des Generalsekretariats spielte er 1947/48 eine entscheidende Rolle im Hintergrund bei der Erarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. In einer Zeit, als die einzelnen UN-Organe ihre Rolle erst finden mussten, fungierte er als eine Art Sekretär der neu gegründeten Menschenrechtskommission. Deren Arbeit wäre kaum so rasch in Gang gekommen ohne die Grundlage, die Humphrey ihr mit einem ersten Entwurf geschaffen hatte. Humphrey stellte auf vierhundert Seiten eine Übersicht über alle vorhandenen Menschenrechtsdokumente zusammen, insbesondere die in zahlreichen nationalen Verfassungstexten bereits kodifizierten Menschenrechte, sowie die zahlreichen Vorschläge von Diplomaten und Nicht-Regierungsorganisationen, und entwickelte daraus einen ersten Gliederungsvorschlag.

Die 48 Artikel dieses ersten Entwurfs waren Diskussionsgrundlage für die weiteren Arbeiten der Menschenrechtskommission, die schließlich zu den heute bekannten 30 Artikeln der AEMR führten. Bemerkenswert ist, dass Humphrey hier bereits die große Neuerung der der AEMR gegenüber den klassischen Menschenrechtsdeklarationen des 18. Jahrhunderts einführte: die Aufnahme sozialer Menschenrechte. Das Recht auf Erziehung, auf medizinische Versorgung, auf gute Arbeitsbedingungen, auf Sozialvorsorge, auf Nahrung und Wohnung sind in Humphreys Entwurf ebenso enthalten wie kulturelle Rechte. Dabei konnte sich Humphrey auf zahlreiche Verfassungen, auf die Arbeit der ILO und nicht zuletzt auf die von Präsident Roosevelt 1941 als „dritte Freiheit“ verkündete „Freiheit von Not“ berufen -entscheidende Argumente später bei der Durchsetzung der sozialen Menschenrechte innerhalb der Kommission gegen erhebliche Widerstände vor allem Großbritanniens und der USA. Aber Humphrey ging sogar noch einen Schritt weiter. Er formulierte ein „Recht eines jeden Menschen auf einen gleichberechtigten Anteil am nationalen Einkommen, wie ihn seine Arbeit und die dadurch geschaffene Mehrung des allgemeinen Wohlstands begründen.“ (Art. 39) Ein solches Recht fand keinen Eingang in die spätere Menschenrechtserklärung, spiegelt aber Humphreys Nähe zu den Gewerkschaften und zu sozialdemokratischen Strömungen. In dieser Hinsicht war er eine Ausnahmeerscheinung unter den VerfasserInnen der Allgemeinen Erklärung.

Auch nach seinem Ausscheiden als Direktor der UNO-Menschenrechtsabteilung blieb Humphrey als Autor, Hochschullehrer und nicht zuletzt als Aktivist der Sache der Menschenrechte bis zu seinem Tod verbunden.

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