Gerd Hankel: Die UNO. Idee und Wirklichkeit

19. Januar 2007 | Von | Kategorie: Rezensionen

Hamburger Edition, Hamburg 2006, 126 Seiten

Der Jurist und Sprachwissenschaftler Gerd Hankel unternimmt es in diesem schmalen Band, in einem langen Atemzug die Geschichte der UNO seit ihrer Gründung bis in die jüngsten Reformansätze Revue passieren zu lassen und sie dabei nach der Einlösung der selbst bzw. ihr von den Mitgliedstaaten gestellten Aufgaben zu befragen. Dabei gelingt ihm eine dankenswerte Konzentration aufs Wesentliche: die Aufgabe der Friedenserhaltung, die Menschenrechte und die Förderung sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung. Der weite Bereich der den UN-Sonderorganisationen zugewiesenen Aufgaben bleibt weitgehend ausgespart.

In seiner Darstellung verbindet Hankel profunde Sach- und Literaturkenntnis mit einem gerade in Deutschland nicht eben häufigen Mut zur pointiert zugespitzten Formulierung. Einige Kapitel, etwa das zur Geschichte und Problematik der Entwicklungsidee und -politik nicht nur in der UNO, geraten ihm zu einer regelrechten Philippika, deren auch sprachlicher Kraft man sich umso weniger entziehen mag, als seine Kritik sich nicht, wie oft genug, an die UNO allein, sondern vor allem an die Regierungen wendet, die deren Politik maßgeblich bestimmen. Gleichwohl scheut sich Hankel auch nicht, etwa dem heute so hoch angesehenen Kofi Annan sein Versagen angesichts des Völkermords in Ruanda und der Massaker in Jugoslawien in deutlichen Worten vorzuhalten.

Wenn einen der Text trotz dieser unbestreitbaren Vorzüge dennoch ziemlich ratlos lässt, liegt das nicht am Inhalt sondern an der Form. Ob es am Autor, oder wie zu vermuten ist, am Verlagskonzept der Reihe liegt: Ein 126-seitiger Text kann nicht zugleich ein aktueller Meinungsbeitrag und eine wissenschaftliche Arbeit sein. Wenn diese Mischung die Absicht war, dann muss sie als misslungen gelten. Das Buch hat weder ein Inhaltsverzeichnis noch auch nur Kapitelüberschriften – man muss sich also wie in einen Roman hineinstürzen, immer gespannt wo man am Ende herauskommt. Gleichzeitig ist der Text aber mit zahlreichen Literaturnachweisen gespickt, die freilich in bester schlechter altakademischer Manier nur beim ersten Mal voll zitiert werden. Ein Literaturverzeichnis, bei dem man auch an späterer Stelle die Quelle nachschlagen könnte, fehlt wie jede sonstige Hilfestellung zur Lektüre eines wissenschaftlichen Textes. Unter dieser Fehlkonzeption leidet nicht nur der Leser, sondern am Ende auch der Autor. Denn vom späteren Nachschlagen oder Nachlesen einzelner wichtiger Gedanken, die man vielleicht noch mal vertiefen oder mit anderer Lektüre vergleichen möchte, schreckt die Textgestalt ab. Die Konzeption der Reihe sollte überdacht werden.

von Rainer Huhle

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