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Textilien


"Adios, pueblo de Ayacucho" (Frauen mit Zöpfen)
Wandteppich von Saturnino Oncebay, Ayacucho um 1985


"Adios, pueblo de Ayacucho" - Dieser Abschiedsgruß ist der Titel eines der bekanntesten Volkslieder aus Ayacucho. Er könnte auch der Titel dieses Teppichs von Saturnino Oncebay sein. Wie der Weber erklärt, zeigt er zwei Bäuerinnen, die sich voller Leid von ihrer Heimat abwenden.

Alles an diesem Teppich ist symbolisch: Die ungewöhnliche Perspektive, die plastisch geflochtenen, nicht gewebten Zöpfe, die Farbgebung. Die Körper der beiden Frauen sind, in Anlehnung an die zahlreichen Röcke, die die Bäuerinnen übereinander zu tragen pflegen, aus einzelnen Segmenten wie eine Zwiebel zusammengesetzt. Bei der einen Frau sind es Rottöne, bei der anderen grüne. Rot für Sendero Luminoso, Grün für die Militärs.


Masken
Wandteppich von Saturnino Oncebay, Ayacucho um 1987


Wandteppich von Saturnino Oncebay, Ayacucho um 1987

Die geometrisch geformten Masken sind ein Motiv aus der Wari-Kultur (ca. 500 - 1000 n.Chr.), deren wichtigstes Zentrum nahe bei der heutigen Stadt Ayacucho lag. Bei Saturnino Oncebay schleicht sich die Gegenwart in die Starre der alten Masken. Eine maskiert sich als vermummter Kämpfer, einer anderen treten Tränen aus den Augen. Und eine wurde bereits zur toten Maske.


Überfall im Urwald
Teppich von "JCQH", ca. 1994


Ein Paradies schildert dieser Teppich, der einem Gemälde gleichkommt. Menschen, Tiere und Pflanzen leben zusammen in üppiger Schönheit. Wären da nicht die schwarz maskierten Uniformierten, die vom Bildrand her in das Idyll einbrechen, das Dorf überfallen, eine Frau vergewaltigen.

Obwohl der schmutzige Krieg wohl nirgendwo so grausam geführt wurde wie in den an das Departement Ayacucho angrenzenden Urwaldgebieten im Osten Perus, wurde dieser Teil des Geschehens auch in der Volkskunst kaum wahrgenommen.


Soldaten gegen Bäuerinnen
Webarbeit, Familie Oncebay, Ayacucho 1987


In dieser einfachen Handarbeit eines Kindes spiegelt sich in unmittelbarer Weise das Erschrecken über die alltägliche Brutalität der Militärs in Ayacucho: Die Männer versuchen, sich mit den Armen über dem Kopf gegen die erwarteten Schläge zu schützen, während die Soldaten mit der Maschinenpistole in der Hand gegen sie vorgehen. Im Zentrum steht die Gewalt gegen Frauen: Die Zöpfe, sonst stolz getragen von den Frauen Ayacuchos, werden zum Werkzeug ihrer Erniedrigung.


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