Pressefreiheit im Wandel: Eine Welt zwischen Schreien und Schweigen

– by Tamara T.

Pressefreiheit stellt in jeder demokratischen Gesellschaft einen essenziellen Pfeiler dar. Sie garantiert einen freien Informationsaustausch, schützt Journalist:innnen vor staatlicher Willkür und ermöglicht der Öffentlichkeit die Bildung einer fundierten Meinung. Aber wie sieht die Lage der Pressefreiheit im Jahr 2025 aus und welche Veränderungen gab es in den letzten zehn Jahren? Die globale Entwicklung zeigt ein gemischtes Bild: Während einige Länder Fortschritte erzielen, erleben viele Regionen Rückschritte, Einschränkungen und sogar eine systematische Unterdrückung freier Berichterstattung.

Rückblick: Die globale Entwicklung seit 2015

Seit 2015 zeichnet sich ein globaler Trend ab, der Anlass zur Besorgnis gibt. In zahlreichen Ländern ist die Situation für Journalist:innen schlechter geworden. Dies betrifft sowohl autokratische Systeme als auch Demokratien. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) berichtet, dass die Pressefreiheit in etwa zwei Dritteln der von ihr jährlich bewerteten Länder heute schlechter ist als vor zehn Jahren. Die Zunahme von Einschüchterung, Gewalt und staatlicher Kontrolle gegenüber Medien sticht besonders hervor. Regierungen greifen verstärkt auf digitale Überwachung, Zensur und Desinformation zurück, um unerwünschte Berichterstattung zu verhindern oder die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Fallbeispiele: Wo die Pressefreiheit abhandenkommt

In Russland ist die Pressefreiheit unter Wladimir Putin stark zurückgegangen. Unabhängige Medien wurden seit dem 2022 begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine entweder verboten oder mussten ins Exil fliehen. Sogar Ausdrücke wie „Krieg“ konnten nicht mehr verwendet werden, ohne strafrechtliche Folgen zu riskieren.

In Belarus verschlechterte sich die Lage schon nach den gefälschten Wahlen 2020: Viele Journalist:innen wurden inhaftiert, Redaktionen wurden geschlossen und das Internet wurde zensiert.

In der Türkei setzte die Regierung unter Präsident Erdoğan nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 massive Maßnahmen gegen Journalist:innen und Medienhäuser in Gang. Zahlreiche Menschen wurden inhaftiert, Sender ohne Lizenz dichtgemacht und Presseausweise aberkannt. Es gibt zwar noch kritische Stimmen, aber sie arbeiten unter ständiger Bedrohung.

Indien wurde lange Zeit als die größte Demokratie der Welt mit einer dynamischen Presselandschaft angesehen. In den vergangenen Jahren stieg der Druck auf Journalist:innen jedoch an. Regierungskritische Medien werden immer mehr Kontrolle, polizeilicher Überwachung und wirtschaftlichem Druck ausgesetzt. Auch Online-Plattformen unterliegen künftig strengeren Kontrollen.

In den USA hat die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft auch die Medienlandschaft gespalten. Journalist:innen sehen sich nicht nur wachsenden politischen Anfeindungen und „Fake News“-Vorwürfen ausgesetzt, sondern auch einer massiven Kommerzialisierung und Abhängigkeit von Konzerninteressen, die kritische Berichterstattung erschweren.

In Israel wiederum ist die Pressefreiheit stark mit den politischen Entwicklungen verknüpft. Unter den Regierungen von Benjamin Netanjahu wurde immer wieder Druck auf kritische Medien ausgeübt, während gleichzeitig regierungsnahe Medienhäuser gestärkt wurden. Besonders problematisch ist, dass in Konfliktzeiten die Berichterstattung über Palästina und den Gazastreifen oft eingeschränkt oder kriminalisiert wird, wodurch einseitige Narrative entstehen.

Technologische Entwicklungen: Sowohl Fluch als auch Segen

Die Medienlandschaft wurde durch das Internet revolutioniert, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Pressefreiheit hat. Zu den positiven Entwicklungen zählt, dass neue Plattformen mehr Menschen Zugang zu Informationen eröffnen, unabhängige Journalist:innen ohne große Verlage veröffentlichen können und Whistleblower:innen die Möglichkeit haben, anonym zu bleiben und trotzdem eine Öffentlichkeit zu erzeugen. Auf den anderen Seiten verbreiten sich Desinformation schneller und gezielter, Regierungen setzen Überwachungstechnologien ein, um Journalist:innen auszuspionieren und die Sichtbarkeit kritischer Inhalte wird durch Algorithmen und Plattform-Zensur eingeschränkt.

Lichtblick: Wo Fortschritte sichtbar werden

Trotz zahlreicher Rückschläge gibt es auch aufmunternde Entwicklungen. Einige Länder haben gezielt die Pressefreiheit gefördert: Moldau und Armenien zeigen, dass eine politische Wende hin zu mehr Demokratie auch mit einer Liberalisierung der Medienlandschaft verbunden sein kann. Die Anzahl unabhängiger Medien in Armenien ist seit 2018 erheblich gestiegen. Neue Regierungen in Ländern wie Gambia und Äthiopien haben seit der Mitte der 2010er Jahre Gesetze reformiert und die Pressefreiheit verbessert, obwohl diese Fortschritte noch fragil sind. In zahlreichen Ländern Lateinamerikas, wie Mexiko, Kolumbien oder Brasilien, setzen sich Journalist:innen trotz bedrohlicher Umstände für eine freie Berichterstattung ein. Dort demonstriert die Zivilgesellschaft eine ausgeprägte Solidarität mit der Presse.

Die EU steht angesichts schrumpfender Medienpluralität und zunehmender staatlicher Einflussnahme auf die Medien vor einer ernsthaften Bewährungsprobe. Mit dem European Media Freedom Act (EMFA) will die EU klare Regeln schaffen — etwa zur vollständigen Offenlegung von Medienbesitz, der Sicherstellung redaktioneller Unabhängigkeit und dem Schutz von Journalist:innen und Quellen. Doch laut Medien-Berichten zeigen sich bereits Widerstände und Verzögerungen bei der Umsetzung: Viele Mitgliedstaaten wirken unvorbereitet oder gar unwillig, die neuen Vorgaben wirklich durchzusetzen. Diese Diskrepanz zwischen ambitionierter Gesetzgebung und mangelnder Umsetzung macht aus dem EMFA ein mögliches Machtmittel — oder aber ein Symbol für ein Europa, das versäumt, das eigene demokratische Fundament zu verteidigen.

Die Funktion internationaler Organisationen

Organisationen wie „Reporter ohne Grenzen“, das „Committee to Protect Journalists“ (CPJ) und die UNESCO sind entscheidend für die Dokumentation und Verteidigung der Pressefreiheit sowie für die Unterstützung gefährdeter Journalist:innen. Mit ihren Jahresberichten, Rankings und Notfallprogrammen werden Repressionen sichtbar und es wird ein gewisser Schutz geboten. In den vergangenen Jahren haben auch die EU und die UN-Schritte unternommen, um die Pressefreiheit zu fördern. Dazu gehören unter anderem Finanzierungsprogramme für unabhängige Medien sowie Sanktionen gegen Staaten, die besonders repressiv vorgehen.

Pressefreiheit – ein ambivalenter Zustand

In den letzten zehn Jahren hat sich die Pressefreiheit ambivalent entwickelt. Obwohl technologische Möglichkeiten neue Formen der Berichterstattung ermöglichen und der Widerstand aus der Zivilgesellschaft an vielen Orten zunimmt, verstärken autoritäre Regierungen ihre Kontrolle und intervenieren zunehmend in die Medienlandschaft, selbst in Demokratien. Pressefreiheit ist kein Selbstläufer. Sie muss verteidigt, gestärkt und immer wieder neu erkämpft werden – von Journalist:innen, Medienhäusern, politischen Institutionen und nicht zuletzt der Öffentlichkeit selbst. In Krisenzeiten, in Kriegen und angesichts von Desinformation ist der Schutz freier Medien besonders wichtig für die Demokratie und die Aufklärung.


Tamara T. studiert Politikwissenschaft im Master an der FAU und hat zuvor ihren Master in International Relations an der Universität Leiden absolviert. Ihr besonderes Interesse gilt internationaler Diplomatie, Menschenrechtsarbeit und globaler Ökonomie.

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