Vijaya Lakshmi Pandit (1900 – 1990) Indien

22. Juli 2008 | Von | Kategorie: Biographien

von Rainer Huhle

Pandit

Vijaya Lakshmi Pandit (1900 – 1990)

Vijaya Lakshmi Pandit gehörte einer der prominentesten Familien indischer Kämpfer für die Unabhängigkeit an. Ihr Vater Motilal Nehru war einer der Gründer der indischen Kongresspartei und eng befreundet mit Gandhi. Ihr Bruder Jawaharlal Nehru führte Indien an der Spitze der Kongresspartei in die Unabhängigkeit und wurde der erste Premierminister des Landes. Swarup Kumari Nehru, wie sie vor ihrer Heirat hieß, war ebenfalls führend am Unabhängigkeitskampf beteiligt. Als eine der ersten Frauen überhaupt wurde sie bereits 1936 Ministerin in einer Regionalregierung. Dreimal wurde sie seit 1932 von der englischen Regierung für längere Zeit inhaftiert. 1939 wurde sie zur Präsidentin der All India Women‘s Conference gewählt.

1945 war Indien, obgleich noch immer von Großbritannien regiert, Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Auf Gandhis Rat hin ging Vijaya Lakshmi Pandit auf eigene Faust als Beobachterin zur Gründungskonferenz der UN nach San Francisco. Denn die von Großbritannien ernannten „indischen“ Delegierten wurden von Kongresspartei nicht als Vertreter Indiens akzeptiert. Nach dem Wahlsieg der Labour Party 1945 änderte sich die britische Indien-Politik, und 1947 wurde das Land unabhängig. Bereits 1946 ernannte die -noch immer britische -Regierung Pandit zur offiziellen Leiterin der indischen Delegation bei den Vereinten Nationen. Auch nach der Unabhängigkeit, während sie zugleich Botschafterin u.a. in der UdSSR, den USA und in London war, leitete sie die indische Delegation bei der Generalversammlung. 1953 wurde sie, als erste Frau überhaupt, zur Präsidentin der Generalversammlung gewählt. Ab 1947 klagte sie vor der UNO nachdrücklich und erfolgreich die Diskriminierung der indischen Bevölkerung in Südafrika an, anknüpfend an die Kampagne, die Gandhi selbst in seinen frühen Jahren dort initiiert hatte. Noch vor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stand damit zum ersten Mal der Schutz vor Diskriminierung groß auf der Tagesordnung der Vereinten Nationen. Zugleich erreichte sie damit ein erstes deutliches Zeichen, dass in der UNO das Prinzip der Staatensouveränität nicht mehr absolut gelten durfte, wenn es um schwere Menschenrechtsverletzungen ging, die zugleich die Charta der Vereinten Nationen verletzten. Ebenso entschieden trat Pandit bereits in diesen ersten Jahren dafür ein, dass die UNO das Ende der Kolonialherrschaft einleiten müsse.

Pandit setzte sich auch für die Verabschiedung der Konvention gegen den Völkermord ein. Ihre Unterschrift unter dem Entwurf von Raphael Lemkin trug entscheidend dazu bei, dass die UNO bereits im Dezember 1946 eine Resolution (96/I) gegen den Völkermord verabschiedete, auf deren Basis dann zwei Jahre später die einstimmig angenommene Konvention beschlossen wurde.

Als Leiterin der indischen UN-Delegation und zugleich Botschafterin an zentralen Außenposten der indischen Diplomatie war Pandit nicht direkt selbst an den Beratungen der Menschenrechtskommission beteiligt. Aber ihre gegen Diskriminierung und Kolonialismus und für Beschränkung der Staatensouveränität bei Verletzung der menschenrechtlichen Prinzipien der UN-Charta gerichtete Politik gab den Rahmen dafür ab, dass Indien auch in der Menschenrechtskommission eine bedeutende Rolle spielen konnte.

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