MdL Christine Stahl zu Besuch im Nürnberger Menschenrechtszentrum

10. Dezember 2012 | Von | Kategorie: Aktuelles

von Andreas Regler

Das Nürnberger Menschenrechtszentrum setzte auch im Dezember seine Gesprächsrunde mit Politikern der verschiedenen Parteien fort. Nach den Bundestagsabgeordneten Marina Schuster (FDP) und Günther Gloser (SPD) war am 3. Dezember Christine Stahl von Bündnis 90/ Die Grünen zu Gast im Heilig-Geist-Spital.

Die Nürnbergerin Christine Stahl ist rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Maximilianeum und außerdem Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags. Für ihre Partei sitzt die Sozialpädagogin und Juristin zudem im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parla-mentsfragen und Verbraucherschutz. Ehrenamtlich engagiert sie sich u.a. im Verein der An-gehörigen psychisch Kranker e.V. Der Vortrag von Frau Stahl und die anschließende von Otto Böhm moderierte Diskussionsrunde konzentrierten sich vornehmlich auf drei Bereiche: Datenschutz, Psychiatrie in Bayern und Rechtsextremismus.

Zum Thema Datenschutz vertrat die Politikerin eine klare Meinung: (Persönliche) Daten seien Teil der Privatsphäre, die Kontrolle über sie demzufolge nicht nur elementarer Bestandteil eines demokratischen Systems, sondern auch Ausdruck von Menschenwürde. Vor diesem Hintergrund kritisierte sie die überbordenden und oft nicht ohne weiteres ersichtlichen Datenerhebungen seitens der Wirtschaft und von Behörden. Sie plädierte für einen erheblich strikteren Schutz persönlicher Daten, und forderte wirkungsvolle Abwehrmöglichkeiten des Einzelnen gegen deren Missbrauch. Die aktuellen Regelungen würden den Anforderungen nämlich nicht gerecht. Nichtsdestotrotz erteilte sie einer verstärkten staatlichen Regulierung des Internets eine klare Absage, da der freie Zugang zu Informationen wichtiger sei.

Im Anschluss daran kam Frau Stahl auf die Situation der Psychiatrie in Bayern bzw. der Justiz im Allgemeinen zu sprechen. Hier prangerte sie, neben dem ihrer Meinung nach hohen Anteil unnötigerweise in die Psychiatrie eingewiesener Personen, vor allem die unzu-reichenden Therapiemöglichkeiten, die überfüllten Einrichtungen und das teils überforderte oder fehlende Personal in bayerischen Einrichtungen an; vergleichbare Zustände herrschten auch in Strafvollzugsanstalten. Die Frage der Zulässigkeit der Sicherungsverwahrung beant-wortete sie differenziert: Sie müsse „unter ganz strengen Voraussetzungen in ganz streng gezählten Einzelfällen“ bei einigen gravierenden Straftatbeständen möglich bleiben. Grundsätzlich sei jedoch die Resozialisierung aller anzustreben. Als indiskutabel bezeichnete sie hingegen die vorbehaltene sowie nachträgliche Sicherungsverwahrung, und auch den Einsatz von Fußfesseln halte sie für ein ungeeignetes Mittel.

Der letzte Punkt war dem ‚Dauerbrenner‘ Rechtsextremismus gewidmet. Da Rechts- nicht mit Linksextremismus gleichzusetzen sei, forderte sie hier auch unterschiedliche Herangehensweisen ein. Eine zentrale Bedeutung im Kampf gegen rechtes Gedankengut komme aus ihrer Sicht der „Demokratieerziehung“ zu. Diese solle bereits in jungen Jahren beginnen und auf Elementen wie Toleranz und interkulturellem Verständnis basieren. Nur so könne vorgelagerten Problemen wie Rassismus und Chauvinismus als Vorstufen von Extremismus wirkungsvoll begegnet werden. Einer effektiven Arbeit stünden in diesem Bereich jedoch momentan noch zu viele bürokratische Hindernisse entgegen – Stichwort ‚Extremismusklausel‘. Im Zusammenhang mit den NSU-Morden äußerte sich die Landtags-abgeordnete auch zum bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz. Für sie werde im Zuge der verschiedenen Untersuchungsausschüsse immer deutlicher, dass diese Institution weder nötig noch effektiv und zudem kaum kontrollierbar sei. Als eine denkbare Alternative auf Landesebene bezeichnete sie die Verortung der Aufgaben beim polizeilichen Staatsschutz.

Das Nürnberger Menschenrechtszentrum bedankt sich bei Frau Stahl für den Besuch und das interessante und offene Gespräch.

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