95-jährig verstarb Ende Februar in Paris Stéphane Hessel. Wer ihn hat erleben dürfen, den wird dieser Tod nicht unberührt lassen. Der Tod mache ihm keine Angst, aber neugierig, pflegte Hessel zu sagen, wenn man ihn auf sein hohes Alter ansprach. Und angesprochen wurde er viel, seit 2010 sein Manifest „Empört Euch!“ erschien und weltweit ein publizistischer Erfolg ohnegleichen wurde.
Foto: Rainer Huhle
Für viele wird er der Autor dieses Aufrufs bleiben – doch das wäre schade und ungerecht. Hessels langes Leben hat ihn durch viele Stationen geführt, schreckliche wie die Aufenthalte in mehreren deutschen KZs, spannende im diplomatischen Dienst Frankreichs (seinem Hauptberuf) und vor allem in die Begegnung mit unzähligen Menschen in aller Welt. Mit Menschen jeden Alters und jeder Herkunft zu sprechen, das war wohl seine größte Leidenschaft. In Nürnberg konnten wir das 2008 während der Tagung „Das Recht, das uns zu Menschen macht“, in aller Intensität erfahren. Wer ihm damals begegnet ist, wird es nicht vergessen haben.
Rainer Huhle vom Nürnberger Menschenrechtszentrum hat ihn im März 2009, also einige Monate vor Erscheinen von „Empört Euch!“, in seiner Pariser Wohnung besucht und nach seiner Sicht auf die Entwicklung der Menschenrechte befragt. Im Gespräch kamen auch die Widersprüche zur Sprache, in denen sich die Menschenrechtsbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg entfaltete, und in denen sich Hessel als ein idealistischer Aktivist mit großem Sinn für Realitäten bewegte. Manches in diesem Gespräch blieb unaufgelöst, und gerade deshalb möchten wir es in memoriam Stéphane Hessel hier erstmals in deutscher Sprache zugänglich machen. Wir werden ihn als Menschen mit aufrechtem Gang erinnern.