Vom 5. bis 21. August 2016 finden die 31. Olympischen Spiele und vom 7. bis 18. September die Paralympischen Spiele in Rio de Janeiro statt. Seit 2009 steht Rio als erster Austragungsort in Lateinamerika fest.
Im Vorfeld der Spiele stand Brasilien aufgrund verschiedener Herausforderungen in den letzten Wochen und Monaten immer wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Doch neben Umweltschäden, innenpolitischen Umbrüchen oder Dopingskandalen muss die Aufmerksamkeit auch auf die dortige Lage der Menschenrechte gelenkt werden.
Bereits im Zuge der Fußball-WM 2014 kam es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Polizeigewalt während Demonstrationen löste weltweite Empörung aus. Amnesty International zeigt sich besorgt über eine Wiederholung oder sogar einer Verschärfung solcher Vorkommnisse. Dies wurde in dem Anfang des Jahres veröffentlichten Bericht „Violence has no Place in these Games“ verdeutlicht. Demnach kam es im Vorfeld von Olympia insbesondere in den Armenvierteln Rios, den Favelas, immer wieder zu Einschüchterungen von Menschenrechtsaktivisten durch Polizei und Militär. Im Mai diesen Jahres wurde darüber hinaus das „Allgemeine Olympia-Gesetz“ (No. 13.284/2016) verabschiedet, das weitere Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit beinhaltet.
Aufgrund der Großbauprojekte wurden zahlreiche Einwohner zu Opfern von Zwangsräumungen, zum Beispiel im Zuge der Modernisierung des Hafengebietes unter dem Projekt „Porto Maravilha“. Von der angepriesenen Verbesserung der Infrastruktur, der Restauration von Gebäuden und dem Entstehen von zusätzlichen Grünanlagen haben die vertriebenen Bewohner wenig. Die Stadtverwaltung hat mit dem Programm „Minha Casa, Minha Vida“ insbesondere sozial schwachen Familien Kompensation angeboten und verspricht angemessenen Wohnersatz zur Verfügung zu stellen. Das Problem dabei ist, dass die Umsiedlung meist in Randgebiete mit schlecht ausgebauter Infrastruktur erfolgt und die Betroffenen kein Mitspracherecht haben. Dazu kommt außerdem eine indirekte Vertreibung der Bewohner durch Mietpreissteigerungen von über 80%, selbst in den Favelas der Stadt. Im Zuge dieser Umsiedlungen wird also nicht nur das Menschenrecht auf Wohnung und Eigentum verletzt. Es fehlt außerdem an Transparenz und Zugang zu Informationen und damit auch an der Möglichkeit der Mitsprache der Einwohner.
Sämtlichen Zweifeln und Warnungen im Hinblick auf die geschilderte Menschenrechtslage schenken die Organisatoren der Spiele nur wenig Beachtung. “The Games will act as a large catalyst for long-term improvement in the safety systems of the city of Rio de Janeiro, representing a genuine opportunity for transformation” (Die Spiele werden langfristige Verbesserungen im Sicherheitssystem der Stadt Rio de Janeiro bewirken und stellen eine echte Chance für einen Wandel dar. – www.rio2016.com), heißt es zum Beispiel auf der offiziellen Homepage. In der Realität stehen aber nicht die Stadt und ihre Menschen, sondern vielmehr der Profit einiger Weniger im Mittelpunkt. Es wird abzuwarten und aufmerksam zu beobachten sein, welche weiteren negativen Auswirkungen die Durchführung der Spiele in den kommenden Wochen auf die Stadt Rio de Janeiro und die Situation ihrer Einwohner auch in menschenrechtlicher Hinsicht haben wird.
Weiterführende Literatur zum Thema:
- Amnesty International 2016: „Violence has no place in these Games – Risk of Human Rights Violations at the Rio 2016 Olympic Games“.
- Report of the World Cup and Olympics Popular Committee (2015): „Rio 2016 Olympics: The Exclusion Games”.
- Ila – Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika, Nr. 397 (Jul/Aug 2016).