Am Sonntag, den 24. September 2017 wurde zum zwölften Mal der Internationale Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg in festlichem Rahmen verliehen. Dieses Jahr wurde die Gruppe Caesar ausgezeichnet, die bei der Preisverleihung allerdings nicht persönlich anwesend sein konnte. Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Gruppe anonymer Personen in Nordeuropa Zuflucht vor der Verfolgung durch die syrische Regierung suchen musste und seitdem im Verborgenen lebt. Stellvertretend nahm die französische Journalistin und Autorin Garance Le Caisne die Auszeichnung entgegen, die Caesars Geschichte in ihrem Buch „Codename Caesar: Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie“ der Weltöffentlichkeit in einzigartiger Weise nahebringt.
Überreichung des Preises an Garance Le Caisne durch Dr. Ulrich Maly in Beisein von Jurymitglied Dani Karavan
Hinter dem Decknamen Caesar verbirgt sich ein ehemaliger syrischer Militärfotograf, der in den Jahren 2011 bis 2013 zigtausende Fotos von in der Haft Ermordeter aus den Gefängnissen des syrischen Regimes schmuggelte. Darunter befinden sich rund 28.000 Aufnahmen von mehr als 6.000 Gefangenen – geschundene, verhungerte, mit Wunden übersäte, von Folter gezeichnete Körper. Angetrieben von dem Ziel, die Weltgemeinschaft über die begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu informieren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, hat Caesar die Fotos kopiert und unter höchstem persönlichen Risiko mit der Hilfe mutiger Freunde außer Landes gebracht.
Die Preisverleihung im Nürnberger Opernhaus war trotz des Wahlsonntages sehr gut besucht. Neben der musikalischen Untermalung durch die Staatsphilharmonie Nürnberg unter Leitung von GMD Marcus Bosch wurden während des Festaktes auch einige der von Caesar angefertigten Fotografien in eindrücklicher Weise präsentiert. Die Entscheidung diesbezüglich war im Vorfeld umfangreich diskutiert worden, da die Aufnahmen in schockierender Offenheit die Brutalität und Grausamkeit dokumentieren, die in syrischen Gefängnissen noch immer herrschen. Die Entscheidung zur Präsentation der Bilder kann aus Sicht des NMRZ nur begrüßt werden, da Caesar hohe Risiken auf sich nahm, um genau diese grausamen Verhältnisse vor Augen zu führen.
Feierliche Preisverleihung im Nürnberger Opernhaus
Eingerahmt und begleitet wurde die Veranstaltung durch Grußworte von Dr. Ulrich Maly (Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg), Barbara Lochbihler (Vizepräsidentin des EP Menschenrechtsausschusses), Kenneth Roth (Direktor von Human Rights Watch) und Dani Karavan (Mitglied der Jury als Künstler und Schöpfer der Straße der Menschenrechte in Nürnberg).
Auch die stellvertretende Preisträgerin, Garance Le Caisne, schilderte ihre Arbeit und die Arbeit Caesars in einer berührenden Rede.
Als Laudator sprach Stephen Rapp, ehemaliger Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda und am Sondergerichtshof für Sierra Leone, der sich derzeit für die Strafverfolgung syrischer Kriegsverbrechen stark macht und hierbei in engem Kontakt zu Caesar steht.
Im Anschluss an die Preisverleihung fand traditionsgemäß in der Straße der Menschenrechte und am Kornmarkt die Friedenstafel statt, bei der auch in diesem Jahr im Rahmen eines gemeinsamen Mahls ein Zeichen für Frieden, Toleranz und die Menschenrechte gesetzt wurde. Zahlreiche Gäste und Passanten, aber auch Jurymitglieder und Politiker nahmen an den zur Verfügung gestellten Tischen in entspannter und zwangloser Atmosphäre Platz und genossen bei angenehmem Wetter und guten Gesprächen die Veranstaltung.
Eindrücke von der diesjährigen Friedenstafel
An Informationsständen boten sowohl das NMRZ als auch andere NGOs Raum für Rückfragen und informierten sowohl im Gespräch als auch mit Hilfe von Broschüren über ihre engagierte Arbeit.
Auch Laudator Stephen Rapp stand für Gespräche bereit, in denen er sich sehr offen und ausführlich Zeit für Rückfragen aller Art nahm. Im Gespräch mit Vertretern des NMRZ berichtete er über seine persönlichen Erfahrungen mit Caesar und äußerte sich optimistisch hinsichtlich der Einleitung eines Klageverfahrens gegen Syrien in Deutschland, da Deutschland zu den wenigen Ländern der Welt gehöre, in denen nach dem Grundsatz der reinen universellen Zuständigkeit Staatsanwaltschaft und Gerichte die Verfolgung und Verurteilung internationaler Verbrechen auch ohne direkten Bezug zum eigenen Land aufnehmen können.
Als symbolischer Abschluss der Veranstaltung stiegen hunderte Luftballons über der Straße der Menschenrechte auf.
Stephen Rapp im Gespräch mit dem NMRZ