von Anja Kirpal
Die Europäische Kommission hat 2007 den „Europäischen Tag gegen Menschenhandel“ eingeführt, welcher seitdem jährlich am 18.Oktober begangen wird. Dieser soll in erster Linie dazu dienen, das Thema publik zu machen und auf die prekäre Situation, welcher viele Menschen ausgesetzt sind, hinzuweisen.
Die Zahlen über Betroffene von Menschenhandel gehen weit auseinander. Dies resultiert einerseits daraus, dass es nur wenige registrierte Betroffene gibt und dass die Dunkelziffer nur groben Schätzungen unterliegen kann. Weiterhin unterscheiden sich die Zahlen aufgrund von verschiedenen Berechnungsmethoden oder der jeweiligen Definition der Betroffenengruppe. Nichtsdestotrotz wird von weltweit etwa 20,9 Millionen Menschen ausgegangen, die als Betroffene von Menschenhandel gelten. In der EU gab es laut dem EU-Parlament 2012 10.998 registrierte und mutmaßliche Betroffene.
Im Jahr 2000 wurde das sogenannte Palermo-Protokoll verabschiedet – ein Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, welches das Völkerrechtsabkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität ergänzt. Es legt nunmehr international fest, was unter Menschenhandel zu verstehen ist. Demnach beschreibt Menschenhandel das Anwerben, Anbieten, Verbringen, Vermitteln, Beherbergen oder Annehmen von Menschen durch die Anwendung unerlaubter Mittel wie Täuschung, Zwang, Drohung oder Nötigung zum Zweck der Ausbeutung. Die Ausbeutung kann sexueller Art sein, aber auch die Ausbeutung der Arbeitskraft bedeuten oder die Entnahme von Körperorganen umfassen. Gleichzeitig kann sie alle Menschen unabhängig von Alter oder Geschlecht betreffen. Die Einwilligung der Betroffenen in die Ausbeutung ist dabei für die Definition unerheblich.
Als die zentrale Ursache für Menschenhandel kann das globale wirtschaftliche Ungleichgewicht genannt werden. Darüber hinaus sind auch Armut, Geschlechterdiskriminierung und vor allem auch das fehlende Bewusstsein über Menschenhandel Faktoren, die den Handel mit Menschen vorantreiben und unterstützen. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem der Aspekt der „Nachfrage“ in den Zielländern.
Deutschland gilt zugleich als Ursprungs-, Transit- und Zielland für Frauen, Kinder und Männer, welche von Menschenhandel betroffen sind. Ein Großteil dieser Menschen stammt aus Bulgarien oder Rumänien sowie Nigeria.
Im Jahr 2016 wurden vom deutschen Bundestag Neuregelungen zum Tatbestand des Menschenhandels, § 232 StGB, beschlossen. Diese Änderungen, welche eng an die Beschlüsse des Palermo-Protokolls angelehnt sind, haben das Ziel, möglichst alle Erscheinungsformen von Menschenhandel zu erfassen und strafrechtlich zu sanktionieren.
Der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK) engagiert sich in Deutschland sowie auch auf internationaler Ebene für die Bekämpfung von Menschenhandel. Er fordert von der Bundesregierung, dass die Rechte der betroffenen Personen von Menschenhandel gestärkt und vor allem auch durchgesetzt werden. Besonderen Schutzbedarf und dringenden Regelungsbedarf sieht der KOK in Bezug auf minderjährige Betroffene. Dabei sollte das Wohl des Kindes stets in den Vordergrund gerückt werden. Auch plädiert der KOK dafür, dass die Komplexität Menschenhandel wahrgenommen wird. Denn in der medialen Berichterstattung und der öffentlichen Debatte wird die Vielschichtigkeit des Problems oft verkürzt und vereinfacht dargestellt.
Quellen und weiterführende Literatur:
Rabe, Heike (2013): Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. In: Prostitution. Aus Politik und Zeitgeschichte. APUZ (9/13).
Europäisches Parlament (2016): Infografik: EU-Tag gegen Menschenhandel. [online] verfügbar unter: http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/world/20161014STO47261/infografik-eu-tag-gegen-menschenhandel [11.10.17].
Deutsches Institut für Menschenrechte (2017): Was ist Menschenhandel. [online] verfügbar unter: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/themen/menschenhandel/basisinformationen-zu-menschenhandel/was-ist-menschenhandel/ [11.10.17].
KOK – Koordinationskreis gegen Menschenhandel e.V. (2017): Forderungen des KOK. [online] verfügbar unter: http://www.kok-gegen-menschenhandel.de/menschenhandel/forderungen-des-kok/ [16.10.17].
US Department of State (2017): Trafficking in Persons Report. [online] verfügbar unter: http://www.state.gov/j/tip [11.10.17].