Die Religionsschutzdelikte Pakistans im Lichte der Religionsfreiheit nach Article 18 ICCPR

10. November 2022 | Von | Kategorie: Asien

von Awon Khan

 

Foto: Rainer Huhle

Das ‚Land der Reinen‘ ist mit 207 Millionen Einwohnern eines der bevölkerungsreichsten Länder der Welt. Von 1961 bis 2021 hat sich die pakistanische Bevölkerung vervierfacht. Bis 2060 soll sich die Bevölkerung Pakistans nach UN-Prognose auf 406 Millionen Einwohnern verdoppeln. Mit einem Median-Durchschnittsalter von 20 Jahren ist die pakistanische Gesellschaft einer der jüngsten der Welt.

Mit 96% bilden die Muslime die große Mehrheit dieser. Die muslimische Mehrheit untergliedert sich wiederum in eine sunnitische und größtenteils hanafitische Mehrheit und eine schiitische Minderheit von 15-20%.[1]

4% der pakistanischen Bevölkerung bekennt sich nicht zum Islam oder wird nicht als Teil der muslimischen Gemeinschaft anerkannt. Die größten dieser Bevölkerungsteile bekennen sich zum Hinduismus oder zum Christentum. In Kombination repräsentieren sie 3% der pakistanischen Bevölkerung. Aufgrund der historischen und menschenrechtlichen Relevanz in Bezug auf die Religionsfreiheit ist die Ahmadiyya-Bewegung mit 0,09% an der Gesamtbevölkerung zu nennen.

Pakistans Gesellschaft ist von religiösen Konflikten nicht verschont geblieben, insbesondere intra-muslimische Konflikte zwischen den sunnitischen und schiitischen Teilen der pakistanischen Gesellschaft prägen das Bild. Aber auch interreligiöse Konflikte zwischen der muslimischen Mehrheit und den religiösen Minderheiten sind Teil des öffentlichen Diskurses.

Aufgrund dieser diversen religiösen Demographie soll die Vereinbarkeit der Religionsschutzdelikte des Pakistan Penal Codes im Lichte des Menschenrechts der Religionsfreiheit nach Art. 18 ICCPR überprüft werden.

Rechtliche Bindung Pakistans an die Menschenrechte, wie sie in dem Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte garantiert sind

Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ formuliert universelle Freiheits- und Autonomierechte, auf die sich jeder Mensch von Geburt an berufen kann.

Sie wurde am 10. Dezember 1948 in Paris verkündet und stellt seitdem ein Ideal zur Orientierung staatlichen Handelns dar. Pakistan trat wenige Tage nach der Erlangung der Unabhängigkeit am 30. September 1947 den Vereinten Nationen bei und stimmte anschließend für die Verkündung der AEMR. Rechtsverbindlich ist die AEMR jedoch nicht.

Verbindliche Rechtsquellen hingegen, sind der Internationale Pakt für bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) sowie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt).

Beide sind am 16. Dezember 1966 von der UN-Generalversammlung verabschiedet worden. Pakistan unterzeichnete den Zivilpakt am 17. April 2008, wobei die Ratifikation am 23. Juni 2010 erfolgte. Der Sozialpakt wurde am 3. November 2004 unterzeichnet und am 17. April 2008 ratifiziert.

Da Pakistan weder für den Zivilpakt noch für den Sozialpakt die Fakultativprotokolle unterzeichnet hat fällt die Möglichkeit der Individualbeschwerde sowie das Verbot der Todesstrafe weg.

Die Überwachung der Einhaltung beider Völkerrechtlichen Verträge erfolgt somit lediglich über die verpflichtende Einreichung von periodischen Staatenberichten durch die Unterzeichnerstaaten an den jeweiligen UN-Ausschuss. Pakistan hat bisher lediglich einen Staatenbericht eingereicht.

In Bezug auf acht Artikel des Zivilpakts hat die pakistanische Regierung umfangreiche Vorbehalte geltend gemacht.[2] Unter anderem von den Vorbehalten eingeschlossen ist Artikel 18 ICCPR.

Article 18 ICCPR

  1. Everyone shall have the right to freedom of thought, conscience and religion. This right shall include freedom to have or to adopt a religion or belief of his choice, and freedom, either individually or in community with others and in public or private, to manifest his religion or belief in worship, observance, practice and teaching.

Article 18 ICCPR beschreibt die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit, welche individuell oder auch im Kollektiv ausgeübt werden kann. Sie schützt positiv die Freiheit. einen Glauben, ein Gewissen oder eine Religion zu haben und diese auch wechseln zu können. Dabei wird der Begriff des Glaubens und der Religion weit ausgelegt, irrelevant ist dabei, ob die Glaubens- oder Religionsgemeinschaft bereits etablierte Traditionen hat oder ob sie institutionalisiert ist. Unter dieser weiten Auslegung des Glaubens und der Religion sind damit auch kleine und moderne Glaubens- und Religionsgemeinschaften geschützt. Negativ schützt Article 18 ICCPR vor dem Zwang eine Religion oder einen Glauben haben zu müssen.[3]

  1. No one shall be subject to coercion which would impair his freedom to have or to adopt a religion or belief of his choice.

Article 18.2 CCPR schützt das Individuum sowie das Kollektiv vor Zwängen, welche die Rechte der Rechtsinhaber, eine Religion oder einen Glauben zu haben oder anzunehmen, einschränken. Darunter fällt auch die Androhung der Verwendung physischer Gewalt sowie strafrechtliche Sanktionen gegenüber Distanzierungen der Rechtsinhaber gegenüber ihrer Religion oder ihrem Glauben.

  1. Freedom to manifest one’s religion or beliefs may be subject only to such limitations as are prescribed by law and are necessary to protect public safety, order, health, or morals or the fundamental rights and freedoms of others.

Gerechtfertigt sind Einschränkungen in die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 18 IV ICCPR, wenn sie aufgrund eines Gesetzes bewilligt sind, welches zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit oder der Grundrechte und -freiheiten andere erforderlich sind. Grundsätzlich ist der Umfang der Bestimmung zur Einschränkung der Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit eng auszulegen.[4]

  1. The States Parties to the present Covenant undertake to have respect for the liberty of parents and, when applicable, legal guardians to ensure the religious and moral education of their children in conformity with their own convictions.

Religiöser Schulunterricht oder Moralunterricht ist nach Article 18.4 ICCPR nur dann erlaubt, wenn dieser neutral und objektiv gehalten wird. Eltern haben nach Article 18.4 ICCPR das Recht auf einen religiösen Schulunterricht ihrer Kinder der im Einklang mit ihren Religions- oder Moralvorstellungen ist.[5]

Der Islamisierungsprozess des pakistanischen Staates, dargestellt anhand der historischen Verfassungsentwicklungen

Eine grundlegende und bis dato nicht auszutarierende Frage bleibt, welche Rolle der Islam im pakistanischen Staatswesen einnehmen soll. Als gesetzliches Grundgerüst des Staates unterliegt jede Verfassung dem dynamischen Wandel der Gesellschaft und damit einhergehend den Machtverhältnissen. In ihr spiegelt sich im demokratischen Idealfall der Wille des Volkes über grundlegende Prinzipien wider.

Vor der Staatsgründung Pakistans dominierte die Idee eines säkularen mehrheitlich muslimischen Staates den politischen Diskurs, welche aber durch eine graduelle Abschaffung des säkularen Charakters des pakistanischen Staates nach dem Tod Staatsgründers Jinnah relativiert wurde.

Aus der 1940 verkündeten Lahore Resolution durch die All Muslim India League ging der Wunsch eines autonomen, mehrheitlich muslimischen Territoriums im Westen und Osten Britisch-Indiens hervor.

Muhammad Ali Jinnah, welcher erster Generalgouverneur der pakistanischen Republik war und eine führende Rolle in Pakistans Unabhängigkeitsbewegung eingenommen hatte proklamierte während der Lahore Konferenz die Notwendigkeit einer Teilung Britisch-Indiens in ein mehrheitlich muslimisches und einen mehrheitlich hinduistisches Verwaltungsgebiet aufgrund religiöser, kultureller und geschichtlicher Inkompatibilität beider Religionen.

Jinnah, der sich bis dato für ein säkulares, multireligiöses und ungeteiltes Indien eingesetzte hatte, begründete somit die Zwei-Nationen-Theorie. Dementsprechend war der Islam zumindest für die Staatsgründung Pakistans essenziell. Er bildete ein anfängliches Identifikationsmerkmal für die unterschiedlichen Ethnien Pakistans und ermöglichte dadurch die Entstehung eines mehrheitlich muslimischen Staates.

In seiner Rede vom 11. August 1947 sprach sich Jinnah wenige Tage vor dem Datum der Staatsgründung nach dem Indian Independance Act vor der Constituent Assembly of Pakistan wie folgt für ein säkulares Pakistan aus:

„You are free; you are free to go to your temples, you are free to go to your mosques or to any other place or worship in this State of Pakistan. You may belong to any religion or caste or creed that has nothing to do with the business of the State. “

Jinnah sprach sich somit für die Gewährleistung religiöser Freiheit und Gleichbehandlung der religiösen Minderheiten durch den pakistanischen Staat aus. Pakistan sollte nach seiner Ansicht zu einem säkularen Staat mit muslimischer Mehrheit werden.

Kontrastierend zu Jinnah stand die Ansicht Abul A’la al-Maududis, des Gründers der Jamaat-e-islami, einer der einflussreichsten islamistischen Organisationen im zwanzigsten Jahrhundert. Maududi befürwortete einen islamischen und undemokratischen Staat.

In der Verabschiedung der Objective Resolution am 13. März 1949, die den Annex 2-A der derzeitigen pakistanischen Verfassung darstellt wird zumindest ein transzedentaler Bezug durch eine invocatio dei deutlich. So heißt es zu Beginn der Resolution:

„Sovereignty over the entire Universe belongs to Allah Almighty alone and the authority which He has delegated to the state of Pakistan, through its people for being exercised within the limits prescribed by Him is a sacred trust.“

Dabei ist zu beachten, dass Gottesbezüge in der Verfassung auf internationaler Ebene keine Seltenheit sind. So heißt es im ersten Satz der Präambel des deutschen Grundgesetzes:

„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“

Ein Gottesbezug, wie er in der pakistanischen wie auch in der deutschen Verfassung wiederzufinden ist, stellt ein Zugeständnis an die Interessen religiöser Vertreter in den Verfassungsgebenden Organen dar. Die Objective Resolution stellt daher seit ihrer Verkündung die Argumentationsgrundlage für diejenigen dar, welche dem Islam im Staatswesen eine größere Rolle zusprechen wollen.

Sie ist als Versuch der Herstellung einer Balance zwischen den als westlichen verstandenen Idealen und dem Islam zu verstehen:

„3. The principles of democracy, freedom, equality, tolerance and social justice, as enunciated by Islam, shall be fully observed. »

Mit der Verkündung der ersten pakistanischen Verfassung im Jahre 1956 wurde die Republic of Pakistan nach Article 1 zur Islamic Republic of Pakistan :

„(1) Pakistan shall be a Federal Republic to be known as the Islamic Republic of Pakistan, and is hereinafter referred to as Pakistan.“

Neben der Namensänderung begründete die Verfassung von 1956 explizite Staatszielbestimmungen. Dazu gehörte unter anderem die Gewährleistung der individuellen und kollektiven Ausrichtung des Lebens der Muslime Pakistans nach dem Quran und der Sunna:

„(1) Steps shall be taken to enable the Muslims of Pakistan individually and collectively to order their lives in accordance with the Holy Quran and Sunnah.“

Zudem mussten neu erlassene und bereits bestehende Gesetze nach Article 197 in Einklang mit den Verfügungen des Islams gebracht werde, wie diese in dem Quran und der Sunna bestand haben:

„(1) No law shall be enacted which is repugnant to the Injunctions of Islam as laid down in the Holy Quran and Sunnah, hereinafter referred to as Injunctions of Islam, and existing law shall be brought into conformity with such Injunctions.“

Hohe Ämter im Staatswesen konnten zudem fortan nur noch durch Muslime bekleidet werden.

Zwei Jahre lang war die erste pakistanische Verfassung in Kraft, bis sie am 7. Oktober 1958 von dem damaligen Präsidenten Pakistans Iskander Mirza aufgehoben wurde. Er verhängte aufgrund politischer Instabilität das Kriegsrecht und ernannte den Oberbefehlshaber der Streitkräfte Ayub Khan zum Präsidenten Pakistans. Diese Reihe von Ereignissen stellte den ersten Coup d’état Pakistans dar, der eine Zäsur in der Politik Pakistans symbolisiert.

Mit der Verfassungsimplementierung von 1962 unter der Herrschaft Ayub Khans wurde der Council of Islamic Ideology geschaffen. Dieses Gremium dient als Beratungsorgan für die Exekutive sowie Legislative in Fragen der Vereinbarkeit des Rechts mit den Prinzipien des Islams.

Die zweite pakistanische Verfassung war bis 1969 in Kraft, als sie aufgrund der 69‘s mass uprisings in Ostpakistan aufgehoben und das Kriegsrecht verhängt wurde. Eine neue Verfassung gab sich Pakistan erst 1973.

Weitreichende Schritte zur Islamisierung wurden unter der Herrschaft Mohammed Zia-ul-haqs unternommen. Während seiner Herrschaftszeit von 1977 bis 1988 wurde mit dem Federal Shariat Court im Jahre 1980 eine parallele Gerichtsbarkeit zum Supreme Court of Pakistan geschaffen. Innerhalb des Supreme Court of Pakistan wurde die Shariat Appelate Bench als Rechtsmittelinstanz eingerichtet. Aufgabe des Federal Shariat Courts und des Shariat Appelate Bench ist, die Vereinbarkeit des Rechts mit dem Quran und der Sunna zu überprüfen. Eingesetzt wurden die Richter überwiegend von der Exekutive und standen somit unter ihrem direktem Einfluss.

Der Islamisierungsprozess ist der anhaltenden Frage der politischen Legitimation geschuldet, wobei der Islam bei fehlender demokratischer Legitimation eine Legitimationsgrundlage für Autokratien darstellen kann, indem er Identifikationsmerkmal und Herrschaftsanspruch verbindet.

Die historische Entwicklung des Religionsstrafrechts in Pakistan

Aus der Verfassung eines Staates lassen sich dessen Pflichten gegenüber seinen Bürgern ableiten. Gesetze sind Möglichkeiten, durch die der Staat der Wahrnehmung dieser Pflichten nachkommen kann. In demokratischen Staaten unterliegt die Gesetzgebung regelmäßig mehreren unmittelbar oder mittelbar demokratisch legitimierten Organen der Legislative oder Exekutive. Aufgrund dieser demokratischen Legitimierung wird der Wille des Volkes in der bestehenden Gesetzeslage reflektiert. Die Veränderung des pakistanischen Religionsstrafrechts ist daher im Zusammenhang mit dem Islamisierungsprozess des pakistanischen Staatswesens zu verstehen.

Im Falle Pakistans, dessen Verfassung mehrmalig abrogiert und stattdessen das Kriegsrecht verhängt wurde, ist eine demokratische Legitimation in einschneidenden Gesetzesänderungen des Religionsstrafrechts in Pakistan ausgeblieben. So wurden Gesetzesänderungen größtenteils zwar durch die Legislative bestätigt, doch stellte dies eher eine Schein-Legitimation dar.

Der im Jahre 1862 in Kraft getretene von Macaulay entworfene Indian Penal Code wurde nach der Unabhängigkeit Pakistans als Pakistan Penal Code mit den Sektionen 295, 295-A, 296, 297 und 298 PPC übernommen.

Unter der Militärdiktatur Zia-ul-haqs von 1977 bis 1988 änderte sich der egalitäre Charakter des pakistanischen Religionsstrafrechts dahingehend, dass mit Sektionen 295-B und 295-C Tatbestände eingeführt wurden, deren Zweck der Schutz von islamischen Symbolen ist. Ebenfalls unter Strafe gestellt sind mit den Sektionen 298-A, 298-B, 298-C Tatbestände, wobei die letzteren beiden nur von Mitgliedern der Ahmadiyya Gemeinschaft erfüllt werden können (siehe unten).

Weiterhin wurden die Hudood Ordinances eingeführt. Diese stellen neben den bereits vorhandenen Tatbeständen im Pakistan Penal Code weitere Straftaten dar, welche nach Scharia Strafrecht sanktioniert werden. Neu begründet wurden damit die Straftatbestände des Ehebruchs und der Unzucht. Die Überprüfung der Hadd- und Tazir Verbrechen obliegt dem Federal Shariat Court. Die Implementierung der Hudood Ordinances ist unter anderem der Staatszielbestimmung geschuldet, geltendes und zukünftiges Recht in Einklang mit den Prinzipien des Islams zu bringen.

Die Religionsschutzdelikte Pakistans

Section 153-A PPC

Promoting enmity between different groups, etc.:

Whoever

(a) by words, either spoken or written, or by signs, or by visible representations or otherwise, promotes or incites, or attempts to promote or incite, on grounds of religion, race, place of both, residence. language, caste or community or any other ground whatsoever, disharmony or feelings of enmity, hatred or ill-will between different religious, racial, language or regional groups or castes or communities; or

(b) commits, or incites any other person to commit, any act which is prejudicial to the maintenance of harmony between different religious, racial, language or regional groups or castes or communities or any group of persons identifiable as such on any ground whatsoever and which disturbs or is likely to disturb public tranquillity; or

(c) organizes, or incites any other person to organize, and exercise, movement, drill or other similar activity intending that the participants in any such activity shall use or be trained to use criminal force or violence or knowing it to be likely that the participants in any such activity will use or be trained to use criminal force or violence or participates, or incites any other person to participate, in any such activity intending to use or be trained to use criminal force or violence or knowing it to be likely that the participants in any such activity will use or be trained, to use criminal force or violence, against any religious, racial, language or regional group or caste of community or any group of persons identifiable as such on any ground whatsoever and any such activity for any reason whatsoever cause or is likely to cause fear or alarm or a feeling of insecurity amongst members of such religious, racial, language or regional group or caste or community. shall be punished with imprisonment for a term which may extend to five years and with fine.

Section 153-A PPC verbietet es Bevölkerungsteile gegeneinander aufzuhetzen und trägt damit zur Unterbindung von Agitation bei.

Die aus der Frühphase Pakistans stammende Judikatur formulierte hohe Tatbestandsanforderungen und unterschied zwischen Form und Inhalt religiöser Kritik. Unterschieden wird zwischen einer sachlichen Auseinandersetzung und einer Beleidigung. Letztere liegt vor, wenn sich die Tathandlung überwiegend an die Emotionen der Adressaten richtet oder sie sich zur Schaffung von Feindschaft, Hass oder Verachtung eignet.[6]

Als Gruppen, gegen die Hass geschürt wird, eignen sich ortsansässige Personenkollektive, welche aufgrund gemeinsamer Charakteristika wie zum Beispiel Religion, Ethnie oder Herkunft als zusammenzugehörig wahrgenommen werden und zahlenmäßig von gewisser Bedeutung sind.[7]

Die Anforderungen des subjektiven Tatbestandes sind im Verhältnis zu section 295-A PPC geringer, da section 153-A PPC keine Qualifikation der inneren Tatseite fordert.

Section 153-A PPC sieht eine maximale Freiheitsstrafe von 5 Jahren sowie Geldstrafe vor.

Zu der Anfangszeit der pakistanischen Republik war die Rechtsprechung durch ein tolerantes Klima gekennzeichnet. So hat der High Court of Lahore im Fall The Punjab Religious Book Society v. The State 1960 zugunsten des religiösen Diskurses entschieden, indem der Tatbestand der section 153-A PPC eng ausgelegt wurde.[8]

Section 295 PPC

Injuring or defiling place of worship, with Intent to insult the religion of any class:

Whoever destroys, damages or defiles any place of worship, or any object held sacred by any class of persons with the intention of thereby insulting the religion of any class of persons or with the knowledge that any class of persons is likely to consider such destruction damage or defilement as an insult to their religion. shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to two years, or with fine, or with both.

Zweck der section 295 PPC ist die Sicherstellung des öffentlichen Friedens, indem die mutwillige Beleidigung religiöser Gefühle der Betroffenen unter Strafe gestellt und somit der Respekt für die religiösen Empfindungen von gläubigen Personen gewahrt wird.[9]

Tathandlungen im Sinne der section 295 PPC sind das Zerstören, Beschädigen oder Beschmutzen der spezifischen Tatobjekte. Dabei ist die Tathandlung des Beschmutzens nicht auf die physische Verunreinigung beschränkt, sondern schließt auch die Herbeiführung ritueller Unreinheit ein. Hierbei exemplarisch zu nennen ist das Betreten eines hinduistischen Tempels mit Schuhen oder das Versprengen von Wein in einer Moschee.[10]

Als Tatobjekt im Sinne der section 295 PPC ist „any place of worship“ oder „any object held sacred by any class of persons“ zu verstehen. Als ersteres werden insbesondere Moscheen oder hinduistische Tempel verstanden. Unter letzterem werden religiöse Objekte verstanden, welche von einer Gruppe von gläubigen Personen verehrt werden.

Auf der subjektiven Tatbestandseite setzt section 295 PPC die willentliche Beleidigung der Religion durch die Tathandlung oder die Tathandlung mit Wissen des potenziellen Beleidigungseffektes voraus.

Das Strafmaß der section 295 PPC beläuft sich auf eine maximale Freiheitsstrafe von 2 Jahren sowie alternativer beziehungsweise kumulativer Geldstrafe.

Section 295-A PPC

Deliberate and malicious acts intended to outrage religious feelings of any class by insulting Its religion or religious beliefs:

Whoever, with deliberate and malicious intention of outraging the ‘religious feelings of any class of the citizens of Pakistan, by words, either spoken or written, or by visible representations insults the religion or the religious beliefs of that class, shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to ten years, or with fine, or with both.

Section 295 A IPC wurde anlässlich der Rangila Rasul Affäre 1927 als Religionsschutzdelikt aufgenommen. Raj Paul als Autor des Pamphlets Rangila Rasul wurde letztinstanzlich durch den High Court of Lahore von einer Verurteilung nach section 153-A IPC freigesprochen. Das Gericht führte an, dass section 153-A IPC keine verstorbenen Religionsstifter schütze und die satirische Kritik des Propheten Mohammeds daher nicht tatbestandsmäßig sei.[11]

Infolge des Freispruchs führten nachdrückliche Proteste seitens der muslimischen Bevölkerungsteile und die Sorge vor gewaltvollen Ausschreitungen zwischen Hindus und Muslimen zur Einführung der section 295-A IPC. Zweck der section 295-A PPC ist daher die Wahrung des öffentlichen Friedens.

Trägermedium der Tathandlung ist jedes gesprochene oder verschriftliche Wort oder visuelle Repräsentation. Tatobjekt ist die Religion oder religiöse Überzeugung der Betroffenen. Als objektive Tathandlung ist zumindest die versuchte Beleidigung zu verstehen.

Kernelement des 295-A PPC ist die geplante, ungerechtfertigte und vorsätzliche Tathandlung. Sie stellt die qualifizierte subjektive Tatseite dar: „with deliberate and malicious intention”.

Das Strafmaß der section 295-A PPC ist während der ersten Amtszeit Nawaz Sharifs im Juli 1991 von zwei Jahren auf zehn Jahren Freiheitsstrafe durch Präsidialdekret erhöht worden. Ebenfalls durch Sharif eingeführt wurde die Shariat Bill, welche den Quran und die Sunna als höchstes Gesetz des Landes erklärte. Somit ist die Erhöhung des Strafmaßes der section 295-A PPC als ein Produkt des Islamisierungsprozesses des pakistanischen Strafrechts angestoßen durch Zia-ul-haq zu verstehen. Neben der Freiheitsstrafe kann alternativ oder kumulativ eine Geldstrafe hinzutreten.

Section 295-B PPC

Defiling, etc., of Holy Qur’an:

Whoever wilfully defiles, damages or desecrates a copy of the Holy Qur’an or of an extract therefrom or uses it in any derogatory manner or for any unlawful purpose shall be punishable with imprisonment for life.

Der Quran ist das von Gott direkt an den Propheten Mohammeds offenbarte Wort Gottes und daher für die islamische Gemeinschaft von zentraler Bedeutung. Im Alltag ist die Handhabung des Qurans mit Riten verbunden, die den notwendigen Respekt gewährleisten sollen. So sollte der Quran nur mit der Gebetswaschung in einem Zustand der Reinheit rezitiert werden.

Vermeintliche Quran-Verbrennungen oder Entweihungen stoßen in der pakistanischen Öffentlichkeit auf erhebliche Proteste. So wurde Ende 2021 ein Mann durch einen Lynchmob zu Tode gesteinigt, weil er einige Seiten des Qurans verbrannt haben soll.[12]

Die Tathandlungen umfassen ein „defile“, „damage“, „desecrate“ oder „uses it in any derogatory manner or for any unlawful purpose“ des Qurans oder seiner Bestandteile.

Unter „damage“ ist die Zerstörung oder Beschädigung der materiellen Substanz des Qurans zu verstehen. Tatbestandsmäßig ist daher das Verbrennen oder Zerreißen des Qurans oder dessen Bestandteile, sowie das Herumtrampeln und Beschmieren mit menschlichen Exkrementen.

Weniger eindeutig umrissen sind die Tathandlungen der Verunreinigung „defile“ sowie der Entweihung „desecrate“. Nach einer Entscheidung des High Courts of Lahore im Fall Iljaz Hussain v. State im Jahre 1994 ist als Verunreinigung die „Korrumpierung der Reinheit und Perfektion“, „Herabsetzung“, „Verschmutzung“ beziehungsweise „rituelle Verunreinigung“zu verstehen.[13]

Als Entweihung im Sinne der section 295-B PPC wird das nach außen hin manifestierten Fehlen des notwendigen Respekts gedeutet.[14]

Der Begriff „willful“ konstituiert das subjektive Element des Tatbestandes, welches bei Absicht, Bewusstsein, Freiwilligkeit oder Fehlen von Rechtfertigungsgründen vorliegt.

Section 295-B PPC sanktioniert das tatbestandsmäßige Handeln mit lebenslanger Freiheitsstrafe.

Im Fall Iljaz Hussain v. The State aus dem Jahre 1994 wurde Iljaz Hussain nach section 295-B PPC zur lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte während einer Busfahrt im August 1982 Filmsongs aus einem Buch vorgetragen und diese als „heiliger als den Quran“ bezeichnet. Zudem führte er in einem Plastikbeutel neben Schuhen auch einen Quran mit und platzierte den Plastikbeutel unter seinen Füßen. Der Supreme Court of Pakistan deutete diese Aufbewahrung des Qurans in Zusammenhang mit den von Hussain getätigten Äußerungen als Anzeichen für eine Respektlosigkeit Hussains gegenüber der Bedeutung des Qurans.[15] Aufgrund der Freiwilligkeit des Handelns und fehlender Rechtfertigungsgründe sei das subjektive Element des Tatbestandes anzunehmen.[16]

Section 295-C PPC

Use of derogatory remarks, etc., in respect of the Holy Prophet:

Whoever by words, either spoken or written, or by visible representation or by any imputation, innuendo, or insinuation, directly or indirectly, defiles the sacred name of the Holy Prophet Muhammad (peace be upon him) shall be punished with death, or imprisonment for life, and shall also be liable to fine.

Zweck der section 295-C PPC ist der Schutz der Person Mohammeds und die damit einhergehende Wahrung des öffentlichen Friedens. Aufgrund seiner hervorgehobenen Stellung im Islam als finalen Propheten ist eine Beleidigung seiner Person als Unterminierung seiner Autorität zu verstehen. Eine Beleidigung oder Schmähung Mohammeds stellt somit auch eine Herabsetzung des Islams dar.

Insbesondere Mohammed-Karikaturen wurden von der pakistanischen Gesellschaft in jüngster Zeit empfindlich wahrgenommen. Die von Jyllands-Posten veröffentlichten Mohammed Karikaturen im Jahre 2005 führten zu weitläufigen Demonstrationen.[17] 2008 kamen 6 Menschen bei einem Bombenanschlag auf die dänische Botschaft in Islamabad ums Leben. Als Reaktion auf die Karikaturen hatte al-Qaida zu Vergeltungsschlägen gegen dänische Ziele aufgerufen.[18]

Dementsprechend umfassend ist der Tatbestand der section 295-C PPC. Als taugliches Tatmittel gelten „by words, either spoken or written, or […] visible representation or […] any imputation, innuendo, or insinuation,“ während die Tathandlung ein „defilement […] directly or indirectly“ verlangt.[19]

Der Begriff des „Defilement“ ist aufgrund der Vagheit im hohen Maße subjektiven Wertungen zugänglich und daher zur Kriminalisierung von religionskritischen Äußerungen geeignet.[20]

Bezüglich des subjektiven Tatbestandes äußert sich die section 295-C PPC nicht. Von der Rechtsprechung gefordert ist aufgrund der Vagheit des objektiven Tatbestandes daher die vorsätzliche Begehung einer Beleidigung oder Schmähung Mohammeds. So der High Court of Lahore in einem Urteil von Ende 2007:

„Essential ingredients of an offence under section 295-A, B and C are that the accused must act with the intention to insult of any class of persons with the knowledge that any class of persons is likely to consider such destruction, damage or defilement as insult to their religion. The question whether there was such intention to insult must emerge from the evidence of the case “[21]

Aus der Praxis der Instanzgerichte ist jedoch auch die Verurteilung bei zweifelhafter Beweislage bezüglich des Vorsatzelementes bekannt.[22]

Nach dem Wortlaut der section 295-C PPC ist der Strafrahmen mit Todesstrafe, lebenslanger Freiheitsstrafe und Bußgeld angelegt. 1990 erklärte der Federal Shariat Court jedoch, dass allein die Todesstrafe bei der Beleidigung oder Schmähung des Propheten verhängt werden darf. Seither stellt sie das einzige Sanktionierungsmittel dar. Bis dato wurde keine Hinrichtung wegen section 295-C PPC von staatlicher Seite aus durchgeführt.

Internationale Aufmerksamkeit hat der Fall des Christen Ayyub Masihs erregt. Ihm wurde vorgeworfen, er habe gegenüber mehreren muslimischen Zeugen den Islam als falsche und das Christentum als richtige Religion bezeichnet. Außerdem solle er Mohammed als falschen Propheten betitelt und ihn in einer herabwürdigenden Weise „Onkel Mohammed“ genannt haben. Zusätzlich erklärte er sich mit dem Inhalt des von Salman Rushdie verfassten Buches Die Satanischen Verse einverstanden und ermutigte die Anwesenden, sich mit dessen Inhalt auseinander zu setzen.[23]

Bis zur letzten Instanz wurden die Einwände Ayyub Masihs, die Ankläger verfolgen persönliche Motive mit der Anklage Masihs, als nicht hinreichend substantiiert abgelehnt. Der Supreme Court of Pakistan entschied schließlich am 15. August 2002 zu Gunsten Masihs. Er wurde unter anderem aufgrund einer zweifelshaften Anklageversion freigesprochen.[24]

Section 296 PPC

Disturbing religious assembly:

Whoever voluntarily causes disturbance to any assembly lawfully engaged in the performance of religious worship, or religious ceremonies, shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to one year, or with fine, or with both.

Zweck der Section 296 PPC ist der Schutz von religiösen Veranstaltungen vor Störung durch Dritte. Das Strafmaß beläuft sich auf eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr mit alternativer oder kumulativer Geldstrafe.

Section 297 PPC

Trespassing on burial places, etc.:

Whoever, with the intention of wounding the feelings of any person, or of insulting the religion of any person, or with the knowledge that the feelings of any person are likely to be wounded, or that the religion of any person is likely to be insulted thereby, commits any trespass in any place of worship or on any place of sculpture, or any place set apart for the performance of funeral rites or as a, depository for the remains of the dead, or offers any indignity to any human corpse or causes disturbance to any persons assembled for the performance of funeral ceremonies, shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to one year, or with fine, or with both.

Section 297 PPC schützt das religiöse und areligöse Empfinden von Personen, indem es ihre beabsichtigte Verletzung unter Strafe stellt. Geeignete Tathandlung ist dabei die unberechtigte Begehung religiöser Orte, die in Zusammenhang mit dem Nachleben der religiösen Angehörigen stehen. Das Strafmaß beläuft sich auf eine maximale Freiheitsstrafe von 1 Jahr und alternativer oder kumulativer Freiheitsstrafe.

Section 298 PPC

Uttering words, etc., with deliberate intent to wound religious feelings:

Whoever, with the deliberate intention of wounding the religious feelings of any person, utters any word or makes any sound in the hearing of that person or makes any gesture in the sight of that person or places any object in the sight of that person, shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to one year or with fine, or with both.

Section 298 PPC schützt das individuelle religiöse Empfinden. Als Trägermedium der Gefühlsverletzung eignen sich Worte, Geräusche, Gesten oder die Konfrontierung mit Objekten. Somit schließt section 298 PPC die Gefühlsverletzung durch Schriftsatz a priori aus.

Der Täter müsste die Gefühlsverletzung beabsichtig haben. Nicht erforderlich ist dabei die tatsächliche Gefühlsverletzung, es reicht bereits der beabsichtigte Versuch einer Gefühlsverletzung mit Kenntnis des potenziellen Beleidigungseffektes.

Sanktioniert wird die Gefühlsverletzung mit einer maximalen Freiheitsstrafe von 1 Jahr und alternativer oder kumulativer Geldstrafe.

Section 298-A PPC

Use of derogatory remarks, etc., in respect of holy personages:

Whoever by words, either spoken or written, or by visible representation, or by any imputation, innuendo or insinuation, directly or indirectly, defiles the sacred name of any wife (Ummul Mumineen), or members of the family (Ahle-bait), of the Holy Prophet (peace be upon him), or any of the righteous Caliphs (Khulafa-e-Rashideen) or companions (Sahaaba) of the Holy Prophet (peace be upon him) shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to three years, or with fine, or with both.

Die engsten Begleiter des Propheten Mohammeds werden mit section 298-A PPC vor abwertenden Bemerkungen geschützt. Als Überlieferer der Sunna, welche die zweiwichtigste Rechtsquelle im Islam darstellt, haben sie eine hervorgehobene Rolle. Section 298-A PPC stellt neben dem Ehrschutz der Begleiter Mohammeds auch eine strafrechtliche Manifestation der vorherrschenden Position des sunnitischen Islams dar. Im schiitischen Islam werden die ersten drei nachfolgenden Kalifen als unrechtmäßig angesehen. Kritische Äußerungen diesbezüglich wurden mit der Einführung der Section 298-A PPC im Jahre 1980 erschwert. Ebenfalls verhindert wurde die Ausweitung der Ehrbezeichnungen auf die Begleiter Ahmads, der von den Anhängern der Ahmadiyya-Bewegung als Prophet Gottes wahrgenommen wurde.

Section 298-A PPC ähnelt section 295-C PPC und fungiert daher als Erweiterung des letzteren Tatbestandes. Im Verhältnis zu den beiden später eingeführten sections 298-B und C PPC stellt 298-A PPC lex generalis dar.

Aufgrund der geringen obergerichtlichen Präzedenzfallrechtdichte der sections 298-A, B und C PPC lässt sich bezüglich der Vorsatzerfordernisse keine Aussage treffen.[25]

Das Strafmaß der section 298-A PPC beträgt eine maximale Freiheitsstrafe von drei Jahren. Alternativ oder kumulativ kann durch eine Geldstrafe sanktioniert werden.

Section 298-B

Misuse of epithets, descriptions and titles, etc., reserved for certain holy personages or places:

(1) Any person of the Quadiani group or the Lahori group (who call themselves ‘Ahmadis’ or by any other name who by words, either spoken or written, or by visible representation-

(a) refers to or addresses, any person, other than a Caliph or companion of the Holy Prophet Muhammad (peace be upon him), as “Ameer-ul-Mumineen”, “Khalifatul- Mumineen”, Khalifa-tul-Muslimeen”, “Sahaabi” or “Razi Allah Anho”;

(b) refers to, or addresses, any person, other than a wife of the Holy Prophet Muhammad (peace be upon him), as “Ummul-Mumineen”;

(c) refers to, or addresses, any person, other than a member of the family “Ahle-bait” of the Holy Prophet Muhammad (peace be upon him), as “Ahle-bait”; or

(d) refers to, or names, or calls, his place of worship a “Masjid”; shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to three years, and shall also be liable to fine.

(2) Any person of the Qaudiani group or Lahori group (who call themselves “Ahmadis” or by any other name) who by words, either spoken or written, or by visible representation refers to the mode or form of call to prayers followed by his faith as “Azan”, or recites Azan as used by the Muslims, shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to three years, and shall also be liable to fine.

Zweck der section 298-B PPC ist die Wahrung des öffentlichen Friedens. Seitens der pakistanischen Judikatur besteht das Narrativ der Fehlleitung orthodoxer Muslime durch die Aneignung muslimischer Praktiken der Ahmadis:

„Ahmadis, however, are obliged to honour the constitution and the law and should neither desecrate or defile the pious personage of any other religion including Islam, nor should they use the exclusive epithets, descriptions and titles and also avoid using the exclusive names like mosque and practice like Azan so that the feelings of the Muslim community are not injured and the people are not misled or deceived as regards the faith.”[26]

Neben der Bezeichnung der Gebetshäuser der Ahmadis als Moscheen ist auch die architektonische Nachahmung sowie der Gebetsruf untersagt.[27]

Das Strafmaß der Sections 298-B und C PPC beträgt eine maximale Freiheitsstrafe von drei Jahren sowie einer Geldstrafe.

Section 298-C PPC

Person of Quadiani group, etc., calling himself a Muslim or preaching or propagating his faith:

Any person of the Quadiani group or the Lahori group (who call themselves ‘Ahmadis’ or by any other name), who directly or indirectly, poses himself as a Muslim, or calls, or refers to, his faith as Islam, or preaches or propagates his faith, or invites others to accept his faith, by words, either spoken or written, or by visible representations, or in any manner whatsoever outrages the religious feelings of Muslims shall be punished with imprisonment of either description for a term which may extend to three years and shall also be liable to fine.

Section 298-C PPC stellt die direkte oder indirekte Inszenierung eines Ahmadis als Muslim unter Strafe. Mit der Implementierung der Definition eines Muslims nach Article 260 III der pakistanischen Verfassung sind die Ahmadis explizit als nicht Muslime definiert worden. Eine solche Selbstbezeichnung würde die Gefühle orthodoxer Muslime verletzen und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.

Der High Court of Quetta entschied im Fall Zahiruddin v. The State im Jahre 1988, dass unter „directly or indireclty, poses himself as a Muslim” jemand zu verstehen ist welcher eine Rolle als Muslim beansprucht, oder angibt, ein Muslim zu sein, wobei er faktisch keiner ist. Dies sei vor allem dann erfüllt, wenn Ahmadis traditionelle muslimische Symbole verwenden.[28]

Ebenfalls tatbestandsmäßig ist die Verteilung religiöser Schriften durch Ahmadis an Muslime.

Religiöse Minderheiten und die Religionsschutzdelikte

Die Ahmadiyya Bewegung, die als islamische Gemeinschaft in den 1880er Jahren von Mirza Ghulam Ahmad in Britisch-Indien gegründet wurde, hat regelmäßig mit Anfeindungen aus der muslimischen Gemeinschaft innerhalb sowie außerhalb Pakistans zu kämpfen. Mit rund zweihunderttausend Mitgliedern stellt sie innerhalb Pakistans eine Minderheit dar.[29]

Die Ahmadiyya Gemeinschaft versteht sich als Reformbewegung und setzt sich für eine rationale Interpretation des Islams unter Zugrundelegung des Qurans, der Sunna sowie der Texten Ahmads ein.[30]

Der Gründungsvater dieser islamischen Gemeinschaft wird von ihren Mitgliedern als Mahdi verstanden, welcher als Prophet das Unrecht dieser Erde in der Endzeit beseitigen wird. Hierin besteht der Hauptpunkt der theologischen Differenz der Ahmadiyya-Bewegung mit traditionellen Rechtsschulen, die Jesus als Mahdi anerkennen und somit die Finalität der Prophentenschaft Mohammeds wahren. Aufgrund dieser Differenz wird die Ahmadiyya-Bewegung von der Orthodoxie als Häresie abgestempelt und sozial sowie politisch verfolgt.

Vor der Gründung Pakistans beschränkte sich die Verfolgung der Ahmadis auf die soziale Ebene. Nach der Staatsgründung versuchten Fundamentalisten  der Jamaat-i-Islami die Rolle des Islams im pakistanischen Staatswesen zu stärken und die Verfolgung der Ahmadis im Wege der Legislation auf die rechtlichen Ebene auszuweiten.

Primäres Ziel der Anti-Ahmadi-Bewegung war die verfassungsrechtliche Inkorporierung der Erklärung der Ahmadis als Nichtmuslime. Dies gelang ihnen am 7. September 1974, als die Ahmadis zu Nichtmuslimen durch eine Verfassungsänderung nach Article 260 III erklärt wurden:

„(a) “Muslim” means a person who believes in the unity and oneness of Almighty Allah, in the absolute and unqualified finality of the Prophethood of Muhammad (peace be upon him), the last of the prophets, and does not believe in, or recognize as a prophet or religious reformer, any person who claimed or claims to be a prophet, in any sense of the word or of any description whatsoever, after Muhammad (peace be upon him); and
(b) “non-Muslim” means a person who is not a Muslim and includes a person belonging to the Christian, Hindu, Sikh, Buddhist or Parsi community, a person of the Quadiani Group or the Lahori Group who call themselves ‘Ahmadis’ or by any other name or a Bahai, and a person belonging to any of the Scheduled Castes.“

Die Verfassungsänderung ebnete den Weg für die Addition der Straftatbestände nach den Sections 298-B und 298-C PPC, deren Tatbestände nur durch Anhänger der Ahmadiyya-Bewegung erfüllt werden können.

Unter anderem ist es Ahmadis nach Section 298-C PPC verboten, ihre Gebetshäuser als Moscheen zu bezeichnen, da die Bezeichnung „Moschee“ muslimischen Gebetshäusern vorbehalten ist und die Falschbezeichnung einer ahmadischen Gebetsstätte die religiösen Empfindungen orthodoxer Muslime verletzen könnte.[31]

Eine weitere verfolgte religiöse Minderheit stellt die christliche Gemeinschaft in Pakistan dar. Mit etwa 2,6 Millionen Mitgliedern repräsentiert sie die drittgrößte Religionsgemeinschaft Pakistans.[32] Der Ursprung des Christentums auf dem indischen Subkontinent wird dem Apostel Thomas zugesprochen.

Der Großteil der Christen in Pakistan gehörte zur Kaste der Unberührbaren, welche vom Hinduismus zum Christentum konvertiert sind. Punjab beheimatet dabei die meisten Christen. So leben in der Landeshauptstadt Lahore 500000 Menschen mit christlichem Glauben. Die Kirchen mit den meisten Anhängern in Pakistan sind die anglikanische sowie presbyterianische Kirche.

Christen haben in Pakistan mit vielerlei Anfeindungen zu kämpfen. 2013 starben bei einem Anschlag auf die All Saints Church in Peshawar mehr als 100 Menschen, viele weitere wurden verletzt.[33]

Internationale Aufmerksamkeit hat die Angelegenheit Asia Bibis erlangt, die aufgrund einer Streitigkeit mit ihren Mitarbeitern wegen Blasphemie nach Section 295-C PPC zum Tode verurteilt wurde. Bis zu ihrem Freispruch durch den Supreme Court of Pakistan saß Bibi 9 Jahre in Einzelhaft.[34] Nach der Freisprechung brachen landesweite Proteste aus, die die Exekution Asia Bibis forderten. Bereits 2010 wurde der damalige Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, von seinem Leibwächter ermordet. Taseer hatte sich öffentlich für die Freilassung Asia Bibis stark gemacht und eine Reformierung der Blasphemiegesetze angestrebt.[35]

In 30 Jahren wurden 1.549 Personen der Blasphemie nach Sections 295-B und 295-C beschuldigt. Unter den Beschuldigten waren die Mehrheit Muslime, 238 Christen, 516 gehörten zur Ahmadiyya-Bewegung an. Bisher blieb die Durchführung der Todesstrafe im Fall einer Verurteilung aufgrund einer Blasphemie aus.[36]

Tödlicher ist der mit der Beschuldigung der Blasphemie verbundene Vigilantismus. In den 1.549 Fällen der Blasphemiebeschuldigung sind 75 Personen vor ihrem gerichtlichen Verfahren in Polizeigewahrsam oder durch Mobs umgebracht worden. Nicht selten wird die Justiz selbst Opfer von Vigilanten. Richter und Anwälte, die sich für die Beschuldigten einsetzen, werden regelmäßig unter Druck gesetzt oder ermordet.[37]

Die größte religiöse Minderheit innerhalb Pakistans stellt die schiitische Glaubensgemeinschaft dar. Sie repräsentiert 15-20% der muslimischen Bevölkerung Pakistans.[38] Rechtmäßiger Nachfolger des Propheten Mohammeds ist nach schiitischer Ansicht einzig der Vetter und Schwiegersohn Ali ibn Talib. Nach sunnitischer Ansicht ist dies dagegen unter anderen Abu Bakr, der Schwiegervater Mohammeds. Als Anhänger Alis gehört die Kritik der als unrechtmäßig angesehenen Kalifen zur Religionsausübung der Schiiten.

Der erste muslimische Bürgerkrieg, welcher durch die Ermordung Alis ausgelöst wurde, endete mit der Etablierung der Herrschaft Muawiyas I. und dem Märtyrertod des Sohns von Ali Hussain in der Schlacht von Kerbala. Bis heute stellt das Märtyrertum einen wichtigen Eckpfeiler der schiitischen Identität dar. Im Monat Muharram würdigen die Schiiten den Tod Hussain ibn Alis durch Trauerveranstaltungen.

Aufgrund dieser theologischen Unterschiede werden schiitische Gemeinschaften von fundamentalistischen Gruppierungen wie die Tehrik-i-Taliban verfolgt und von der Orthodoxie kritisiert. Insbesondere in Kritik geraten ist die mit den Trauerveranstaltungen verbundene Praxis der Selbstgeißelung.

So werden Schiiten im Kollektiv wie auch individuell angegriffen. Unter Ersterem ist die Verfolgung während der Religionsausübung im Kollektiv zu verstehen, wie diese zum Beispiel bei Angriffen auf Moscheen oder religiösen Versammlungen stattfindet. Als individuelle Verfolgung ist die gezielte Tötung von Schiiten zu verstehen.

Konklusion

Die zur Zeit des Islamisierungsprozesses des pakistanischen Strafrechts hinzugefügten Straftatbestände sections 295-B, C und sections 298-A, B und C des PPC sind aufgrund extensiver, unklar umrissener und diskriminierender Tatbestände sowie drakonischer Strafrahmen nicht mit der Religionsfreiheit nach article 18 ICCPR vereinbar.

Die Verletzung der Religionsfreiheit äußert sich zunächst in einer Einschränkung der positiven Freiheit der Religionsausübung, indem religiöse Praktiken der Ahamdis nach sections 295-C, 298-A, B und C PPC unter strafrechtlicher Sanktionierung gestellt werden. Ebenfalls von section 298-A PPC betroffen ist die schiitische Gemeinschaft.

Andererseits beschränkt die strafrechtliche Sanktionierung religionskritischer Äußerungen die negative Freiheit gegenüber einer aufgezwungenen Religion, indem religiöses Wissen bei privater sowie öffentlicher Äußerungen zur Abwendung einer Beschuldigung wegen Blasphemie vorausgesetzt wird. So werden unter anderen Christen nach sections 295-B und C PPC verfolgt, wenn ihnen das nötige Wissen über den Islam fehlt und sie sich über auf den Islam bezogene Themen äußern wollen oder in solche Gesprächen verwickelt werden.

Problematisch hierbei ist ebenfalls die fehlende Konkretisierung des subjektiven Tatbestandes etwaiger Tatbestände, die eine gerichtliche Verurteilung aufgrund zweifelhafter Beweislage begünstigt.

Das von der Judikative vorgebrachte Argument der Kanalisierung der Gewalt in ein gerichtliches Verfahren und die Abwendung von öffentlicher Unruhe kann im Blick auf den Vigilantismus nur bedingt überzeugend wirken.

Obwohl Religionsschutzdelikte das friedliche Miteinander verschiedener religiöser Gruppen gewährleisten soll, indem sie ihr religiöses Empfinden schützt, wird durch die neuere Judikatur deutlich, dass dies nur einseitig zu Lasten der religiösen Minderheiten gilt. Zu fordern ist daher die Abschaffung oder Modifizierung der hinzugefügten Straftatbestände, welche nicht selten von Muslimen zur Verfolgung ihrer außerreligiösen Interessen missbraucht werden. Das berechtige Anliegen zur Sicherstellung des öffentlichen Friedens kann bereits durch die sections 153-A, 295, 295-A, 296 und 297 PPC ohne Diskriminierung von religiösen Minderheiten gewährleistet werden. Mit der Änderung der Gesetzeslage einhergehen muss dabei auch die Änderung der Verfassung, die das rechtliche Fundament für den Pakistan Penal Code und daher den rechtlichen Rahmen der gerichtlichen Entscheidung darstellt.

Sherry Rehman, die als pakistanische Botschafterin in den USA tätig war und die das Amt der Ministerin für Klimawandel bekleidet, hatte 2011 eine Reform der Blasphemie-Tatbestände angestrebt, die eine Anpassung der Strafrahmen der sections 295 und 298 PPC bewirken sollte.[39] Aufgrund des Drucks fundamentalistischer Kleriker und der daraus resultierenden fehlenden Unterstützung ihrer Partei der Pakistans People’s Party verfolgte Rehman die Reform nicht weiter.[40]

Notwendig für eine Reformierung der Religionsschutzdelikte ist daher langfristig die Begrenzung des Einflusses von fundamentalistischen Klerikern in der pakistanischen Gesellschaft. Ein Ansatzpunkt ist dabei die restriktive Zulassung von neuen Medressen und deren Überwachung.

Momentane Reformversuche beschränken sich aufgrund der dargestellten Schwierigkeit auf eine striktere Bestrafung des Missbrauchs der Straftatbestände.

Ebenfalls kritikwürdig ist das Fehlen demokratischer Legitimation der hinzugefügten Straftatbestände. Das Argument der Repräsentation des Volkswillens in der bestehenden Gesetzgebung ist daher nicht überzeugend, auch nicht, wenn berücksichtig wird, dass die fehlende Reformierung als konkludente Legitimation angesehen werden kann, da der Reformprozess um einiges komplexer und hürdenreicher ist als die Neueinführung von Gesetzen.

Pakistans Staatenbericht umgeht die Beantwortung der aufgeworfenen Problematiken in Bezug auf die Religionsschutzdelikte, indem auf die zur Zeit der Staatsgründung bestehenden Tatbestände mit egalitärem Charakter verwiesen wird. Außerdem seien die Religionsschutzdelikte nicht von diskriminierender Natur, da die Mehrheit der Beschuldigten Muslime sei. Dabei wird jedoch bewusst die Tatsache negiert, dass die Beschuldigten größtenteils schiitischen Glaubens sind.

 

 

[1] https://www.state.gov/reports/2020-report-on-international-religious-freedom/pakistan/

[2] AI Index: ASA 33/006/2011

[3] General Comment No 22 4

[4] General Comment No 22 8

[5] General Comment No 22 5

[6] Naarmann, „Der Schutz von Religionen und Religionsgemeinschaften in Deutschland, England   Indien und Pakistan“, S. 459

[7] Naarmann, S. 459

[8] Naarmann, S. 460

[9] Naarmann, S. 248

[10] Naarmann, S. 250

[11] Naarmann, S. 258-259

[12] https://www.theguardian.com/world/2022/feb/13/man-stoned-to-death-in-pakistan-after-desecrating-quran

[13] Naarmann, S. 485

[14] Naarmann, S. 486

[15] Naarmann, S. 490

[16] Naarmann, S. 491

[17] https://www.reuters.com/article/us-pakistan-protest-cartoons-idUSKBN25V2KJ

[18] https://www.nbcnews.com/id/wbna24926365

[19] Naarmann, S. 468

[20] Naarmann, S. 469

[21] Lahore High Court in Muhammad Sharif v. The State, 2008 YLR 387,389

[22] Naarmann, S. 476

[23] Naarmann, S. 477

[24] Naarmann, S. 481

[25] Naarmann, S. 506

[26] Lahore High Court in Ata Ullah v. The State, PLD 2000 (Lahore) 364, 378f.

[27] Naarmann, S. 507

[28] Naarmann, S. 508

[29] National Census of Pakistan

[30] https://ahmadiyya.de/ahmadiyya/

[31] Naarmann, S. 509

[32] National Census of Pakistan

[33] https://web.archive.org/web/20141106162430/http://www.ghrd.org/news/article/news/detail/News/the-september-attack-on-all-saints-church-in-peshawar/

[34] https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-sh/Asia_Bibi

[35] https://www.bbc.com/news/world-south-asia-12111831

[36] Center of Social Justice, Pakistan

[37] https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-sh/Asia_Bibi

[38] https://www.state.gov/reports/2020-report-on-international-religious-freedom/pakistan/

[39] https://www.dawn.com/news/587351/sherry-submits-bill-for-amending-blasphemy-laws-2

[40] https://www.theguardian.com/world/2011/feb/03/pakistan-blasphemy-laws-sherry-rehman

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