von Simon Osladil
Ein Recht auf Wahrheit forderten bereits vor vielen Jahrzehnten die Angehörigen von Opfern schwerer Menschenrechtsverbrechen wie beispielsweise des gewaltsamen Verschwindenlassens von Personen, außergerichtlicher Hinrichtungen oder Folter. Bis heute ist die Forderung der Betroffenen und Hinterbliebenen nach Wahrheit und Gerechtigkeit nicht verstummt, da die Staaten ihrer vermeintlichen Verpflichtung nicht in ausreichendem Maße nachkommen. Mag wohl kaum jemand die Obliegenheit der Staaten anzweifeln, für Gerechtigkeit sorgen zu müssen, so herrscht doch Uneinigkeit über das Recht der Opfer und ihrer Angehörigen sowie der gesamten Gesellschaft, die Wahrheit über schwere Menschenrechtsverbrechen zu erfahren.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es demnach, die Existenz eines Rechtes auf Wahrheit im internationalen Recht zu belegen und seine historische Entwicklung nachzuzeichnen. Diese Zielsetzung soll mithilfe zweier Kapitel erreicht werden: Einerseits wird die historische Entwicklung des Rechtes auf Wahrheit im internationalen Recht untersucht, d.h. mit Fokus auf seine Erwähnung in Resolutionen, Absichtserklärungen, Leitlinien und Studien internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen (VN), der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) oder der Europäischen Gemeinschaften (EG) – sogenanntes Soft Law – und rechtsverbindlichen Verträgen und Konventionen – sogenanntem Hard Law – sowie andererseits seine Anerkennung in der Rechtsprechung diverser menschenrechtlicher Justizorgane.
Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2012 der Zeitschrift für Menschenrechte erschienen.