Beiträge zum Stichwort ‘ Chile ’

Die lateinamerikanische Menschenrechtsbewegung

24. November 2008 | Von

von Rainer Huhle

„Menschenrechte als Antwort auf Unrechtserfahrungen“ – diese Sicht auf die Menschenrechte, ihre Entstehung, Entwicklung und Durchsetzung hat sich, zum Beispiel im Rückblick auf den Nationalsozialismus und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, als sehr produktiv erwiesen. Der Blick auf die Entwicklung in Lateinamerika zeigt, wie gerade auch dort die lange schlummernde Idee der Menschenrechte erst dann aufgegriffen und zu einer kraftvollen Bewegung wird, als verschiedene Länder mit brutalen Militärdiktaturen überzogen werden. […]



Nachtrag zu: “Mein ist die Rache”

15. Oktober 2008 | Von

von Friedrich Paul Heller

Der chilenische Offizier Miguel Krassnoff sitzt in Santiago eine Reihe von Haftstrafen ab, zu denen er wegen seiner Beteiligung an Folter und Morden in Pinochets Geheimdienst DINA verurteilt wurde. Im Gefängnis kündigte er an ein Buch zu schreiben. Dieses Buch liegt nun vor: Gisela Silva Encina: Miguel Krassnoff: Prisionero por servir a Chile. […]



Akteneinsicht zu einer Gefangenenbefreiung: Der Fall der Chilenin Gladys Dí­az

1. August 2008 | Von

von Dieter Maier

Der chilenische MIR war eine Organisation der an Kuba orientierten neuen Linken in Lateinamerika, die in den sechziger Jahren nach dem Muster der Stadtguerilla einige Überfälle verübt hatte, dann aber die Niederlage anderer lateinamerikanischer Guerillagruppen diskutierte und nach dem Wahlsieg des Sozialisten Salvador Allende dessen Volksfrontregierung kritisch unterstützte. Er hatte seine Basis in Universitäten, Armenvierteln und bei Landarbeitern und organisierte Besetzungen von Großgrundbesitz. Nach dem Putsch propagierte er den bewaffneten Kampf, hatte aber nicht die Mittel ihn zu führen. Dem Geheimdienst DINA gelang es, den MIR durch systematische Folterungen seiner verhafteten Mitglieder zu zerschlagen. Der MIR hatte nie mehr als 1.000 Mitglieder, aber wesentlich mehr Sympathisanten in seinen Vorfeldorganisationen. […]



“Äußerste Zurückhaltung” – die Colonia Dignidad und die deutsche Diplomatie 1961-1978

30. Juli 2008 | Von

von Dieter Maier

Eine Akteneinsicht im Auswärtigen Amt, Berlin

Die Colonia Dignidad (heute: Villa Baviera) ist eine 1961 gegründete deutsche Sektensiedlung in Chile. Sie ging aus einer Abspaltung freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten) hervor. Ihr Führer Paul Schäfer floh 1961/62 mit seinen Anhängern nach Chile, da er wegen Kindesmissbrauchs von der Staatsanwaltschaft gesucht wurde.
Schon zur Zeit der Auswanderung war die Sekte gegenüber dem Auswärtigen Amt (AA) konkret beschuldigt worden. Verwandte hatten sich an das AA und andere Behörden gewandt und geschrieben, die Ausreise einzelner Mitglieder sei womöglich nicht freiwillig gewesen. Seitdem gingen Dutzende von Briefen von Angehörigen bei der deutschen Botschaft in Santiago oder dem AA ein, die Missstände der Sekte während der Zeit in Siegburg schilderten und um Hilfe baten. Die Angehörigen mögen unter einem Vorwand in die Botschaft bestellt und ohne Dritte angehört werden, hieß es in solchen Briefen. Bei der Botschaft kamen Hilferufe von Siedlern an oder sie wurden von Verwandten aus Deutschland an die Botschaft oder das AA geschickt. […]



Eine lange Nachgeschichte – Der Fall des SS-Standartenführers Walther Rauff nach 1945 in Chile

3. Juni 2008 | Von

von Ingo Kletten

SS-Standartenführer Walther Rauff war der Organisator des Einsatzes von Gaswagen, mit denen in dem von der Deutschen Wehrmacht besetzten Osten fast 100.000 Juden ermordet wurden. […]



Augusto Pinochet – Ein Nachruf

2. April 2007 | Von

von Dieter Maier

Augusto Pinochet wurde 1915 in der Stadt Valparaiso geboren. Der Vater, der früh starb, war Vertreter und dauernd unterwegs. Die Mutter ersetze ihn mit Strenge, Disziplin und Ordnung. Der kleine Augusto spielte mit Soldatenfiguren, was die Mutter auf den Gedanken brachte, er könne in die Militärakademie eintreten.

Pinochet übernahm als das Älteste von sechs Geschwistern die Vaterrolle. Er bewachte die Jungfräulichkeit seiner Schwestern. “Sie hatten panische Angst vor mir und hielten mich für eine Art Menschenfresser“, sagte Pinochet später über seine Geschwister. In der Schule ist Pinochet schlecht, kann aber gut boxen. 1933, gerade siebzehnjährig, verlässt er die Provinzialität Valparaisos, um nach zwei gescheiterten Aufnahmeanträgen in die Militärakademie in Santiago einzutreten, in der die zukünftigen Offiziere unter sich leben und kaum etwas von gesellschaftlichen Veränderungen mitbekommen. Hier lernt Pinochet seinen soldatischen Ehrbegriff, in dem “Verrat“ eine wichtige Rolle spielt: Die chilenische Linke hat das Vaterland verraten, England hat ihn verraten, als Scotland Yard ihn verhaftete, und sein Sohn Augusto munkelt von Verrat in den eigenen Reihen, denn “wenn sogar Christus verraten wurde, ist alles möglich“ (La Hora, 22.11.98). Pinochets Kameraden meinen, er sei “zu energisch, zu autoritär“. […]



Die Colonia Dignidad: ein deutsches Dorf in Chile tarnt ein internationales Verbrechen

3. Oktober 2006 | Von

von Friedrich Paul Heller

Nach Jahrzehnten von Enthüllungen und Skandalen müsste eigentlich die Wahrheit bekannt sein. Aber hinter der Colonia Dignidad verbergen sich Verbrechen, die erst in Umrissen bekannt sind. Die deutsche Siedlung war nicht nur ein geheimes Folterlager des Pinochet-Geheimdienstes DINA, sie war auch an einem Massaker an politischen Gefangenen beteiligt, die zu den “Verschwundenen” gehören. Außerdem schmuggelte und produzierte sie biologische und chemische Waffen. […]



Chile auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit – am Beispiel des Berichtes der Valech-Kommission (1)

20. April 2005 | Von

von Ulrike Borchardt

Dank des langen Kampfes der überlebenden Gefangenen und der Menschenrechtsorganisationen sah sich die chilenische Regierung verpflichtet, die “Nationale Kommission für politische Haft und Folter”, auch “Kommission Valech” genannt, zu gründen. Sie wurde im August 2003 vom sozialistischen Präsidenten Ricardo Lagos eingesetzt. Ihr Auftrag bestand in der Erstellung einer Liste aller Opfer der Pinochet-Diktatur. Auf ihrer Grundlage wollte die Regierung Lagos eine Entschädigung für die Opfer veranlassen. Die Kommission wurde nach dem Namen des Vorsitzenden, des katholischen Bischofs Sergio Valech, benannt. Im Verlauf eines Jahres hörte die Kommission Zeugenaussagen von 35.000 Personen an. Davon wurden 28.000 als Opfer anerkannt. Sie erhalten nach dem Vorschlag der Regierung eine Rente von 195 US$ monatlich sowie die Zusicherung kostenloser Krankenhausbehandlung und des kostenfreien Studiums. Besonders das letzte Zugeständnis – ein kostenloses Studium – erscheint angesichts des heutigen Durchschnittsalters der Opfer – weit über 50 Jahre – etwas seltsam. Aber bevor es an die Kritik einzelner Schlussfolgerungen dieses Berichts geht, erst einmal eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Ergebnisse. […]



BUCH: Erstmalige Veröffentlichung: “Mein ist die Rache”

30. April 2004 | Von

von Friedrich Paul Heller

In diesem Buch ist nichts erfunden. Kleine Irrtümer vor allem im historischen Teil mögen uns unterlaufen sein. Sie sind bei der Materialfülle und der Ungenauigkeit vieler Quellen kaum zu vermeiden. Das einzig Unwahre an dem Buch ist, dass wir die Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts, soweit sie mit der Familie Krasnow in Verbindung stehen, nur unvollständig wiedergegeben habe. Es wäre anders nicht lesbar gewesen.
Ich habe mir die Freiheit genommen, an einigen Stellen mit der gebotenen Distanz nationalsozialistisch eingefärbte Kriegserinnerungen und romanhafte Schilderungen zu zitieren. Diesem Schrifttum, das die deutsche Niederlage von 1945 nicht ertragen kann, ist nicht zu trauen. Dialoge, die wir daraus zitieren, sind gewiss nicht wörtlich so geführt worden. Sie sind Zeugnisse parteiischer Erinnerung. Ich hielte es für einen vorschnellen Verzicht, Berichte reueloser Kriegsteilnehmer auf deutscher Seite und hemmungsloser Antikommunisten, die in Subjektivität schwelgen, im Namen wissenschaftlicher Objektivität aus dem Text zu verbannen. Mein Buch handelt vom Tätern und Opfern. Es muss sich auf die Subjektivität der Täter, ihre Sprache, Motive und Mentalitäten einlassen. […]



Gedenken und Gedenkstätten in Chile

11. September 2003 | Von

von Roberta Bacic

Die Worte kommen stockend während dieser goldenen Herbsttage in der nördlichen Hemisphäre. Jenseits der Meere, in dem Land, das meine Eltern aufnahm und in dem ich geboren wurde, bricht der Frühling strahlend hervor. Seit meiner frühen Kindheit war der September immer ein besonderer Monat. Er erinnert mich an Drachensteigen, Schulferien, Feiertage am 18. und 19. September, den Tagen der Unabhängigkeitsfeiern, Empanadas, Rotwein, Gesang und Cueca-Tanz sowie folkloristische Darbietungen chilenischer Identität. […]