Beiträge zum Stichwort ‘ Impunity|Impunidad|Straflosigkeit ’

Der Krieg im anderen Land – Perus Aufarbeitung von zwanzig Jahren Gewalt und Menschenrechtsverletzungen

28. März 2007 | Von

von Annette Fingscheidt

Von 1980 bis 2000 durchlitt das Andenland Peru seine bisher gewalttätigste Epoche seit den südamerikanischen Unabhängigkeitskriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein durch die Guerillabewegung Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) initiierter „Volkskrieg“ gegen Staat und Regierung und die darauffolgenden kontrasubversiven Maßnahmen des peruanischen Militärs resultierten in massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen sowie zahllosen Überschreitungen des Humanitären Völkerrechts. Vor allem Perus ländliche Bevölkerung im südlichen und zentralen Andenhochland geriet ins Kreuzfeuer der bewaffneten Akteure: Zehntausende wehrloser Zivilist/innen wurden in Massakern getötet, außergerichtlich hingerichtet oder „verschwanden“ spurlos. […]



Mit gebrochenen Flügeln – Der von der Weltöffentlichkeit vergessene Friedens- und Demokratisierungsprozess in El Salvador

4. März 2007 | Von

von Annette Fingscheidt

Das kleinste lateinamerikanische Land sorgte ab 1980 mehr als ein Jahrzehnt lang für weltweite Schlagzeilen: zunächst als einen blutigen Bürgerkrieg führende Nation, die als Szenarium des Kalten Krieges als das “zweite Vietnam” betitelt wurde und weltweite Proteste gegen US-amerikanische Einmischung hervorrief, dann als Vorzeigeprojekt der Vereinten Nationen, mit deren tatkräftiger Hilfe ein bis dahin beispielloser Friedensprozess eingeleitet wurde. […]



Para-politisch, paramilitärisch und paradox: die aktuelle Situation in Kolumbien

3. Februar 2007 | Von

von William Bastidas

Am 11. März 2006 verhafteten Beamte der Staatsanwaltschaft den Paramilitär Edgar Ignacio Fierro Florez alias “Don Antonio”. Fünf Tage zuvor hatte Fierro Florez im Zuge der so genannten Demobilisierung der Paramilitärs seine Waffen abgegeben. Die Behörden suchten ihn dennoch wegen schweren Totschlags und Erpressung. Bei seiner Verhaftung hatte “Don Antonio” unter anderem zwei Computer, zwei USB-Sticks und CDs mit Daten sowie mehrere Schriftstücke bei sich. Die darin enthaltenen Informationen sollten für eine Flut von Skandalen auf politischer Ebene sorgen. […]



Chile auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit – am Beispiel des Berichtes der Valech-Kommission (1)

20. April 2005 | Von

von Ulrike Borchardt

Dank des langen Kampfes der überlebenden Gefangenen und der Menschenrechtsorganisationen sah sich die chilenische Regierung verpflichtet, die “Nationale Kommission für politische Haft und Folter”, auch “Kommission Valech” genannt, zu gründen. Sie wurde im August 2003 vom sozialistischen Präsidenten Ricardo Lagos eingesetzt. Ihr Auftrag bestand in der Erstellung einer Liste aller Opfer der Pinochet-Diktatur. Auf ihrer Grundlage wollte die Regierung Lagos eine Entschädigung für die Opfer veranlassen. Die Kommission wurde nach dem Namen des Vorsitzenden, des katholischen Bischofs Sergio Valech, benannt. Im Verlauf eines Jahres hörte die Kommission Zeugenaussagen von 35.000 Personen an. Davon wurden 28.000 als Opfer anerkannt. Sie erhalten nach dem Vorschlag der Regierung eine Rente von 195 US$ monatlich sowie die Zusicherung kostenloser Krankenhausbehandlung und des kostenfreien Studiums. Besonders das letzte Zugeständnis – ein kostenloses Studium – erscheint angesichts des heutigen Durchschnittsalters der Opfer – weit über 50 Jahre – etwas seltsam. Aber bevor es an die Kritik einzelner Schlussfolgerungen dieses Berichts geht, erst einmal eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Ergebnisse. […]



“… vergessen, dass sie zu töten gelernt hatten“. Perus Wege zur Aufarbeitung der Vergangenheit

6. November 2004 | Von

von Rainer Huhle

Im September 2001 begann in Peru eine „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ (im Folgenden auch: CVR) ihre Arbeit. Sie war, einer langjährigen Forderung vieler Menschenrechts- und Opferorganisationen folgend, von Präsident Valentí­n Paniagua am 4. Juni 2001 einberufen worden, der im Jahr zuvor nach dem plötzlichen Zusammenbruch der zehnjährigen Herrschaft von Präsident Alberto Fujimori vom Kongress übergangsweise mit der Regierung beauftragt worden war. Im Decreto Supremo Nº 065-2001-PCM wurden die Aufgaben und Kompetenzen der Kommission festgelegt. Kurz darauf wurde in den ersten freien Wahlen seit 1990 Alejandro Toledo zum Präsidenten gewählt, der in einem neuen Dekret (101-2001-PCM) am 4. September des gleichen Jahres die Kommission erweiterte und ihre Aufgaben bestätigte. […]



Gedenken und Gedenkstätten in Chile

11. September 2003 | Von

von Roberta Bacic

Die Worte kommen stockend während dieser goldenen Herbsttage in der nördlichen Hemisphäre. Jenseits der Meere, in dem Land, das meine Eltern aufnahm und in dem ich geboren wurde, bricht der Frühling strahlend hervor. Seit meiner frühen Kindheit war der September immer ein besonderer Monat. Er erinnert mich an Drachensteigen, Schulferien, Feiertage am 18. und 19. September, den Tagen der Unabhängigkeitsfeiern, Empanadas, Rotwein, Gesang und Cueca-Tanz sowie folkloristische Darbietungen chilenischer Identität. […]



Die Wahrheits- und Versöhnungskommission in Peru

30. August 2003 | Von

Den folgenden Bericht über die wichtigsten Ergebnisse der Wahrheitskommission haben wir von der “Infostelle Peru” (Freiburg, s.u.) erhalten.

Am 28. August 2003 wurde der abschließenden Bericht der Wahrheitskommission Präsident Toledo übergeben und den anderen Staatsorganen vorgestellt. Es handelt sich um 9 Bände, die in vier Teile aufgeteilt sind: […]



Und wer schützt die Opfer aufständischer Gruppen?

17. August 2002 | Von

von Rainer Huhle

Überlegungen zur staatlichen Schutzpflicht vor Menschenrechtsverletzungen und zum Staatsmonopol auf Menschenrechtsverletzungen [1]

“Nun stellte sich plötzlich heraus, daß in dem Augenblick, in dem Menschen sich nicht mehr des Schutzes einer Regierung erfreuen, keine Staatsbürgerrechte mehr genießen und daher auf ein Minimum an Recht verwiesen sind, das ihnen angeblich eingeboren ist, es niemanden gab, der ihnen dies Recht garantieren konnte, und keine staatliche oder zwischenstaatliche Autorität bereit war, es zu beschützen.“

Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen, kann durchaus spannend sein. Worauf bezieht sich wohl diese beredte Klage? Auf die Menschen, die unter warlords in Sierra Leone oder im Kongo massakriert werden, ohne daß ein Weltpolizist einschritte? Auf die indigenen Völker, die jahrelang in entlegenen Urwaldgebieten Perus vom “Leuchtenden Pfad“ versklavt wurden, ohne daß ihr Schicksal groß kümmerte? Auf die indischen Bauern, die in weiten Teilen des Subkontinents von kriminellen Banden ausgesaugt oder von nationalistischen Geheimbünden gemordet werden, ohne daß sich ein Richter dafür interessierte? […]



Menschenrechtsverbrechen vor Gericht

12. Juli 2002 | Von

(aus: Von Nürnberg nach Den Haag: Menschenrechtsverbrechen vor Gericht. Zur Aktualität des Nürnberger Prozesses / hrsg. vom Nürnberger Menschenrechtszentrum. In Zusammenarbeit mit der Stadt Nürnberg / Jugendzentrum für kulturelle und politische Bildung, und der Ev. Akademie Tutzing, Hamburg: Europäische Verlagsanstalt, 1996)

von Rainer Huhle

„Wer heute Gesetze zur Garantie der Straflosigkeit einbringt, macht sich genau so schuldig wie diejenigen, die einst den Finger am Abzug hatten.“ […]



Von Nürnberg nach Den Haag – Erfahrungen mit internationalen Tribunalen

12. Juni 2002 | Von

von Otto Böhm

Unter Menschenrechtsgesichtspunkten war der völkerrechtlich gradlinige Weg vom Nürnberger Militärtribunal (IMT) zum in Rom beschlossenen Ständigen Internationalen Strafgerichtshof (ICC) widersprüchlich und kurvenreich. Das will ich hier mit einem kurzen Rückblick auf Nürnberg und auf den Ad-hoc-Gerichtshof zu Ex-Jugoslawien sowie mit einem Seitenblick auf die Russell-Tribunale der sechziger und siebziger Jahre zeigen. Damit soll zugleich eine Antwort auf die Frage des Jahrbuch-Schwerpunktes nach dem Beitrag internationaler Tribunale zur Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen gegeben werden. Unter Aufarbeitung verstehe ich zuerst die politisch-rechtliche Lösung eines vergangenen Konfliktes, der mit massiven Menschenrechtsverletzungen verbunden war und der Täter und Opfer hinterlassen hat. […]