Amerika

Lateinamerika und die Entstehung des internationalen Systems des Menschenrechtsschutzes

19. Dezember 2007 | Von

von Rainer Huhle

Lateinamerika ist nicht nur der Kontinent der Videlas, Pinochets und anderer Menschenrechtsverletzer. Aus Lateinamerika kamen auch entscheidende Impulse für die Herausbildung des internationalen Systems des Menschenrechtsschutzes im Rahmen der Vereinten Nationen sowie immer wieder wegweisende Impulse zur Normierung und Weiterentwicklung wichtiger Menschenrechtsprinzipien. […]



Augusto Pinochet – Ein Nachruf

2. April 2007 | Von

von Dieter Maier

Augusto Pinochet wurde 1915 in der Stadt Valparaiso geboren. Der Vater, der früh starb, war Vertreter und dauernd unterwegs. Die Mutter ersetze ihn mit Strenge, Disziplin und Ordnung. Der kleine Augusto spielte mit Soldatenfiguren, was die Mutter auf den Gedanken brachte, er könne in die Militärakademie eintreten.

Pinochet übernahm als das Älteste von sechs Geschwistern die Vaterrolle. Er bewachte die Jungfräulichkeit seiner Schwestern. “Sie hatten panische Angst vor mir und hielten mich für eine Art Menschenfresser“, sagte Pinochet später über seine Geschwister. In der Schule ist Pinochet schlecht, kann aber gut boxen. 1933, gerade siebzehnjährig, verlässt er die Provinzialität Valparaisos, um nach zwei gescheiterten Aufnahmeanträgen in die Militärakademie in Santiago einzutreten, in der die zukünftigen Offiziere unter sich leben und kaum etwas von gesellschaftlichen Veränderungen mitbekommen. Hier lernt Pinochet seinen soldatischen Ehrbegriff, in dem “Verrat“ eine wichtige Rolle spielt: Die chilenische Linke hat das Vaterland verraten, England hat ihn verraten, als Scotland Yard ihn verhaftete, und sein Sohn Augusto munkelt von Verrat in den eigenen Reihen, denn “wenn sogar Christus verraten wurde, ist alles möglich“ (La Hora, 22.11.98). Pinochets Kameraden meinen, er sei “zu energisch, zu autoritär“. […]



Der Krieg im anderen Land – Perus Aufarbeitung von zwanzig Jahren Gewalt und Menschenrechtsverletzungen

28. März 2007 | Von

von Annette Fingscheidt

Von 1980 bis 2000 durchlitt das Andenland Peru seine bisher gewalttätigste Epoche seit den südamerikanischen Unabhängigkeitskriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ein durch die Guerillabewegung Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) initiierter „Volkskrieg“ gegen Staat und Regierung und die darauffolgenden kontrasubversiven Maßnahmen des peruanischen Militärs resultierten in massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen sowie zahllosen Überschreitungen des Humanitären Völkerrechts. Vor allem Perus ländliche Bevölkerung im südlichen und zentralen Andenhochland geriet ins Kreuzfeuer der bewaffneten Akteure: Zehntausende wehrloser Zivilist/innen wurden in Massakern getötet, außergerichtlich hingerichtet oder „verschwanden“ spurlos. […]



Mit gebrochenen Flügeln – Der von der Weltöffentlichkeit vergessene Friedens- und Demokratisierungsprozess in El Salvador

4. März 2007 | Von

von Annette Fingscheidt

Das kleinste lateinamerikanische Land sorgte ab 1980 mehr als ein Jahrzehnt lang für weltweite Schlagzeilen: zunächst als einen blutigen Bürgerkrieg führende Nation, die als Szenarium des Kalten Krieges als das “zweite Vietnam” betitelt wurde und weltweite Proteste gegen US-amerikanische Einmischung hervorrief, dann als Vorzeigeprojekt der Vereinten Nationen, mit deren tatkräftiger Hilfe ein bis dahin beispielloser Friedensprozess eingeleitet wurde. […]



Para-politisch, paramilitärisch und paradox: die aktuelle Situation in Kolumbien

3. Februar 2007 | Von

von William Bastidas

Am 11. März 2006 verhafteten Beamte der Staatsanwaltschaft den Paramilitär Edgar Ignacio Fierro Florez alias “Don Antonio”. Fünf Tage zuvor hatte Fierro Florez im Zuge der so genannten Demobilisierung der Paramilitärs seine Waffen abgegeben. Die Behörden suchten ihn dennoch wegen schweren Totschlags und Erpressung. Bei seiner Verhaftung hatte “Don Antonio” unter anderem zwei Computer, zwei USB-Sticks und CDs mit Daten sowie mehrere Schriftstücke bei sich. Die darin enthaltenen Informationen sollten für eine Flut von Skandalen auf politischer Ebene sorgen. […]



Die Colonia Dignidad: ein deutsches Dorf in Chile tarnt ein internationales Verbrechen

3. Oktober 2006 | Von

von Friedrich Paul Heller

Nach Jahrzehnten von Enthüllungen und Skandalen müsste eigentlich die Wahrheit bekannt sein. Aber hinter der Colonia Dignidad verbergen sich Verbrechen, die erst in Umrissen bekannt sind. Die deutsche Siedlung war nicht nur ein geheimes Folterlager des Pinochet-Geheimdienstes DINA, sie war auch an einem Massaker an politischen Gefangenen beteiligt, die zu den “Verschwundenen” gehören. Außerdem schmuggelte und produzierte sie biologische und chemische Waffen. […]



Soziale Menschenrechte in Lateinamerika – Herausforderungen an Justiz, Politik und Wirtschaft

4. November 2005 | Von

von Michael Krennerich und Manuel E. Góngora Mera

Lange Zeit galten die sozialen Menschenrechte als Stiefkinder des nationalen und internationalen Menschenrechtsschutzes. Doch seit den 1990er Jahren mehren sich auch in Lateinamerika Forderungen, den Rechten u.a. auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Gesundheit, soziale Sicherheit, Ernährung, Wasser, Wohnen, Bildung und kulturelle Teilhabe endlich Geltung zu verschaffen. Auf Grundlage nationaler Verfassungen und internationaler Abkommen sind vor allem die Staaten dazu verpflichtet, die – weithin missachteten und verletzten – sozialen Menschenrechte zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten. Darüber hinaus gehende Forderungen betreffen die völkerrechtlich umstrittene, menschenrechtliche Verantwortung internationaler Organisationen und transnationaler Unternehmen, welche die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen lateinamerikanischer Staaten maßgeblich mitbestimmen. […]



Sind Privatpersonen an die Menschenrechte gebunden? – Vergleich der Verfassungsrechtsprechung in Deutschland, USA und Kolumbien zur Grundrechtseinwirkung im Privatrecht

17. September 2005 | Von

von Anita Fröhlich

Ein Unternehmer weist eine bereits seit längerer Zeit bei ihm beschäftigte türkische Arbeitnehmerin an, es fortan zu unterlassen, während der Arbeit aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen. Er begründet das Verbot damit, dass der Betrieb von vielen Geschäftspartnern besucht werde und die Gefahr bestünde, dass diese den Eindruck erhielten, es handele sich um ein türkisches Unternehmen. Die Frau weigert sich, der Weisung Folge zu leisten und wird daraufhin entlassen. Hat der Arbeitgeber die Religionsfreiheit seiner Arbeitnehmerin verletzt? Dies ist nur dann der Fall, wenn sich das Grundrecht auf freie Religionsausübung im Privatrechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auswirkt. Die damit einhergehende Frage nach der Grundrechtseinwirkung im Privatrecht wird oft unter dem Stichwort Drittwirkung bzw. horizontale Grundrechtswirkung behandelt.

Warum Grundrechtseinwirkung und nicht Menschenrechtseinwirkung? Besteht hier ein Unterschied? Als Grundrechte werden allgemein die durch die Verfassung als solche garantierten Rechte bezeichnet. Menschenrechte sind in internationalen Abkommen enthalten. Wird in diesem Beitrag vermehrt von Grundrechten gesprochen, so liegt das daran, dass er sich mit den nationalen Verfassungen und weniger mit dem internationalen Recht auseinandersetzt. Es sollen aber auch die in internationalen Abkommen enthaltenen und von der Verfassung rezipierten Menschenrechte sowie die von der Verfassung interpretativ abgeleiteten Rechte von dem hier verwendeten Begriff Grundrechte umfasst sein. […]



Chile auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit – am Beispiel des Berichtes der Valech-Kommission (1)

20. April 2005 | Von

von Ulrike Borchardt

Dank des langen Kampfes der überlebenden Gefangenen und der Menschenrechtsorganisationen sah sich die chilenische Regierung verpflichtet, die “Nationale Kommission für politische Haft und Folter”, auch “Kommission Valech” genannt, zu gründen. Sie wurde im August 2003 vom sozialistischen Präsidenten Ricardo Lagos eingesetzt. Ihr Auftrag bestand in der Erstellung einer Liste aller Opfer der Pinochet-Diktatur. Auf ihrer Grundlage wollte die Regierung Lagos eine Entschädigung für die Opfer veranlassen. Die Kommission wurde nach dem Namen des Vorsitzenden, des katholischen Bischofs Sergio Valech, benannt. Im Verlauf eines Jahres hörte die Kommission Zeugenaussagen von 35.000 Personen an. Davon wurden 28.000 als Opfer anerkannt. Sie erhalten nach dem Vorschlag der Regierung eine Rente von 195 US$ monatlich sowie die Zusicherung kostenloser Krankenhausbehandlung und des kostenfreien Studiums. Besonders das letzte Zugeständnis – ein kostenloses Studium – erscheint angesichts des heutigen Durchschnittsalters der Opfer – weit über 50 Jahre – etwas seltsam. Aber bevor es an die Kritik einzelner Schlussfolgerungen dieses Berichts geht, erst einmal eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Ergebnisse. […]



Kindersoldaten – Unzureichende internationale Bestimmungen, Ansätze zur Eindämmung, und die spezielle Situation in Kolumbien

3. Januar 2005 | Von

von Rainer Huhle

Wo Krieg herrscht, sind Kinder wie alle Menschen Tod, Verletzung und Leid vielerlei Art ausgesetzt. Seit einige Jahren schon sterben in Kolumbien täglich ca. 20 Menschen in Folge des bewaffneten Konflikts. Mindestens einer dieser 20 Menschen täglich ist ein Kind. Als Teil der Zivilbevölkerung sind Kinder Opfer von Tretminen und Bomben, von Luftangriffen und Gewehrkugeln. Mit ihren Familien sind sie auf der Flucht vor Kriegsereignissen und müssen in prekären Elendssiedlungen Schutz suchen. […]